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Wider den Hype!

Das neue Game XY macht alles besser! Mehr Welt zum entdecken, spannendere Quests, ganz neue, einzigartige Klassenarchitektur, tolle neue Fähigkeiten ... in diesem Tenor geht es weiter und weiter, bis einem die markigen Werbesprüche aus den Ohren quellen. XY soll schließlich schon lange vor Erscheinen eine gierig nach Infos geifernde Fangemeinde haben, die es pünktlich zum Erscheinen den überforderten Händlern aus den Händen reißt.
Irgendwo in all diesem Werberummel geht die leise gestellte Frage unter, ob das Spiel denn nun wirklich halten kann, was die Werbung verspricht. Genügend indoktrinierte XY-Fans brüllen derlei Einwände sehr schnell nieder, bis sich niemand mehr zu rühren wagt und der Releasetag zum eitel sonnenbeschienenen Nerdgasmus werden kann.

Doch ...
Das Erwachen folgt dem Höhepunkt auf dem Fuß. 
Die ersten Tage oder Wochen sind vergangen, Ernüchterung macht sich breit. Vielleicht gibt es sie, die sehr positiven Aspekte. Schicke Grafik, schöne Welt, vielleicht hier und da eine Innovation. Aber im großen und ganzen bleiben die Erwartungen hinter der Realität zurück, man arrangiert sich. Irgendwo war sie doch, die Euphorie, das Gefühl, an etwas Besonderem teilhaben zu können, wenn man sich XY zulegt. Doch die Wirklichkeit sieht genau so aus wie bei fast jedem Spiel zuvor: Viele Hoffnungen im Voraus, wenig Erfüllung.
Und das Rad dreht sich erneut, der Hype-Zug nimmt zum nächsten Spiel Fahrt auf, und die Mehrheit der Spieler springt bereitwillig auf und schaufelt für die Dampfkammern auch noch die Kohle. Warum eigentlich sind wir so schnell bereit, uns auf das Neue, Tolle zu stürzen, auch wenn uns unsere Erfahrung sagen sollte, dass das Neue nicht gleich Besseres sein kann? Warum fallen wir immer wieder auf diese durchsichtige Werbemasche herein?

Meine besten Beispiele für schief gelaufenen Hype sind zwei Spiele der letzten zwei Jahre: Star Wars: The old Republic und das neueste Sim City.
Bei SWTOR begann der Hype bereits fünf Jahre vor Release. Es war immerhin Star Wars, es war ein MMO und es sollte so vieles besser machen als das bisherige SW-MMO, Star Wars Galaxies. Mehr Charaktertiefe, mehr Geschichte, mehr Star Wars, mehr Allgemeintauglichkeit, und natürlich sinnvoll eingebaute Jedi und Sith. 
Star Wars Galaxies hatte der Mehrheit der Spieler durch die nachträgliche Implementierung der Jedi keinen Gefallen getan - was zuvor mit viel Mühe und Zeit nur zu erreichen und damit auch ausreichend besonders war, verkam zu einer 08/15-Nummer. Wer bei Galaxies einloggte, wurde von der Masse an Jedi-Charakteren erschlagen, was zum Setting (während der Hoch-Zeit des Imperiums) nicht einmal auf imperialen Randwelten ansatzweise passte. Tolle Details wie selbst dekorierbare Gebäude oder echtes Entertainment durch spezielle Fähigkeiten gingen in der Machtanwendermasse unter. 

SWTOR sollte der World-of-Warcraft-Killer sein und wurde so auch postuliert. Man hoffte auf Subscriber-Zahlen von mindestens zwei Millionen, schon zu Release schienen die bereitgestellten Server nicht auszureichen, jeden Abend musste man mit Warteschlangen leben. Die ersten Tage bei SWTOR waren tatsächlich toll, die Immersion klappte, man konnte eine interessante Klassenstory spielen, kämpfte sich durch das Universum und wurde zu einem Helden. Dann kam die Lust auf einen neuen Charakter der gleichen Fraktion - doch was war das? 

Derselbe Levelweg, einziger Unterschied bildeten die Klassenstory und die Helle Seite/Dunkle Seite-der-Macht-Entscheidungen. Es wurde mühsam, und irgendwann zwischen langewierigen, mobverseuchten Laufwegen wurde es langweilig. Das Endgame bestand auch bei SWTOR nur aus raiden, PvP und der sich immer weiter drehenden Itemspirale. Wie WoW, nur mit weniger werdenden Spielern. Der Hype hatte einen guten Start ermöglicht, aber das Spiel blieb bei vielen Mechaniken nichts anderes als eine reine Kopie des Platzhirschs. 

Auch Sim City konnte mit einer mächtigen Lizenz rechnen, mit einer über Jahre hinweg aufgebauten Fanbase, mit einer Menge Spielern, die sich seit langem nach einer neuen Version sehnten. Irgendwann hat man sich schließlich auch am tollsten Spiel sattgespielt und möchte etwas Neues haben, etwas Innovatives, vielleicht noch neue Funktionen. Und Sim City versprach einiges: Gemeinsames Spielen mit Freunden auf derselben Karte, jeder würde einen Abschnitt übernehmen. Mehr Dynamik, ein flüssiges Wachstum, Herausforderungen, die gemeinsam zu bestehen wären. Und natürlich viele schicke, schnieke Gebäude, mit denen der Städtebau eine reine Lust sein würde.

Was allerdings die Werbung nicht verriet, waren die Headstart-Probleme, welche den meisten Städtebauern in den ersten Tagen enorm den Spaß versauten: Gemeinsam mit Freunden spielen bedeutete nämlich auch, auf einem Server spielen zu müssen, den EA zur Verfügung stellte. Daraus resultiert auch der Zwang, zum Spielen grundsätzlich online zu sein. Natürlich reichte die Kapazität der Server nicht für den Spieleransturm, es gab Ausfälle, Lags, Abbrüche - kurz, es war in vielem unspielbar, da man vollständig von den EA-Servern abhängig war.
Wer schonmal Diablo 3 kurz nach dem Release gespielt hatte, fühlte sich in der Welt der zickigen Server wie zuhause. Und auch der Städtebau war weitaus weniger vergnüglich als erwartet: Freunde von Megacities wurden bitter enttäuscht, waren doch die Bau-Orte beschränkt und konnten nicht wie früher wild nach allen Seiten wuchernd mit Zivilisation bedeckt werden.

Der neueste Coup von EA zielt allerdings direkt auf den Spieler-Geldbeutel: zuerst werden Verkehrsprobleme in die Standardversion eingepatcht, die auch den versiertesten Städtebauer in den Wahnsinn treiben können, dann wird ein kostenpflichtiger Download angeboten, der genau diese Probleme lösen soll. Interessante Marketingstrategie - und hoffentlich für viele Spieler ein Grund, in Zukunft die Finger von EA-Games zu lassen, da ein Publisher offensichtlich erst lernt, wenn es an's Geld geht.

Wie man dem Hype begegnen kann:
  • ein neues Game nicht sofort kaufen, auch wenn die Versuchung noch so groß ist. Hört euch im Freundeskreis um, ob andere dieses Spiel spielen, und was sie dazu meinen. Lest Testberichte auf den Plattformen, von denen ihr wisst, dass sie ehrlich rezensieren
  • versucht in die Beta zu gelangen - gerade bei MMOs ist eine Betaphase eine gute Gelegenheit, sich umzusehen und herauszufinden, ob einem das Spiel liegt. Die Beta muss man nicht bezahlen, und wenn ihr bei Gefallen am Spiel Bugs meldet oder den Entwicklern Feedback gebt, kann das für das künftige Spielgefühl nur positiv sein
  • glaubt nicht alles, was ihr lest. Das Rad wird nicht dauernd neu erfunden, die vorhandene Grundform wird nur immer wieder neu verziert. Je mehr Games wir mit der Zeit gezockt haben, desto höher werden auch unsere Ansprüche an neue Titel - damit spielt die Werbeindustrie perfekt!
 Der nächste Titel mit beginnendem Hype-Background derzeit ist das MMO The Elder Scrolls Online - und auch hier warte ich auf die Beta oder werde darauf warten, von Spiel-Bekannten deren Meinung zu hören. Bei GW2 hat es mir sehr geholfen, alle Berichte zu vermeiden und dem Spiel so unbeeinflusst wie möglich entgegen zu treten - und ein cooles Spiel ist es immernoch.

Über Gloria H. Manderfeld

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