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Buch

Rezension: Man lebt nur zweimal

Nach dem letzten traumatischen Zusammenstoß mit Erzschurke Ernst Stavro Blofeld und seinen skrupellosen Gefolgsleuten gerät das Leben des Spitzenagenten James Bond nach und nach aus der Bahn. Zunächst äußerlich vom Tod seiner Ehefrau Tracy Bondzunächst unberührt, versaut Bond zwei wichtige Aufträge nacheinander – Zeit für seinen Chef M, sich etwas Neues zu überlegen, um seinen besten Mann wieder in die richtige Richtung zu bewegen. 

Da kommt eine Routineaufgabe mit vielen kulturellen Besonderheiten gerade recht:
Bond wird kurzerhand nach Japan geschickt, um beim dortigen Geheimdienst wichtige Informationen einzutauschen. Doch Bonds Tauschware erweist sich kurzerhand als wertlos, und so kann er seinen Auftrag nur erfüllen, indem er sich für den japanischen Geheimdienstchef Tiger Tanaka um eine Sache kümmert, die ihm schwer im Magen liegt.

Auf der Insel Fukuoka hat sich ein schrulliger Forscher angesiedelt, der in einer abgeschotteten Schlossanlage tödliche Pflanzen und Tiere sammelt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind jedoch lange nicht so gut, wie sie sein sollten, und lockt eine große Menge Selbstmordwilliger an – so viele, dass die Aufmerksamkeit der Behörden nachhaltig erregt wurde.
Da es sich bei dem Forscher um einen Schweizer handelt, scheint Bond als Ausländer genau der richtige für den Job zu sein. Getarnt als taubstummer Japaner, versucht er sich dem Schloss zu nähern, stößt jedoch bald auf einen uralten Geheimbund und eine Gefahr, die ihn abermals an seine inneren Grenzen führen wird …


 
Im zwölften Band der von CrossCult neu aufgelegten und nahe an den Originalbänden orientierten Bond-Reihe erweist sich, wie viel Entwicklung nicht nur der Superspion selbst, sondern auch sein Autor durchlaufen haben. War Bond früher ein vom Töten und den Gefahren seiner Tätigkeit relativ unbeeindruckter Mann, der sich durch übelste Gefahren durchgeschossen und –geprügelt hat, um beim nächsten Band locker-flockig damit fortzufahren, steht nun ein Mann in der Mitte seines Lebens vor dem Leser, der so manches Päckchen zu tragen hat.
Nach dem tragischen Tod seiner geliebten Ehefrau wirkt Bond deutlich mitgenommen und beginnt, Fehler zu machen. Dass sich das im härtesten Geschäft der Welt irgendwann rächt, ist nachvollziehbar, deswegen landet Bond auf der internen Abschussliste seines Chefs. Gelungen schildert Ian Fleming die Leere und Lebensüberdrüssigkeit seines gebeutelten Helden, der nur durch die Schwierigkeit seiner nächsten Mission aus dem dumpfen Grübeln gerissen werden kann.

Dabei schöpft Fleming aus dem Vollen seines Talentes, fremdartige Kulturen sehr eingehend und griffig zu beschreiben. Neben einer Unmenge an Details über die japanische Lebensart und das Verhältnis zwischen Japanern und den gaijin, den Ausländern, entführt der Autor seine Leser auch noch auf eine verschwiegene kleine Insel, die vom Muscheltauchen lebt. Bonds Anpassungsschwierigkeiten an die japanische Lebensart bilden hierbei einen natürlichen Seltsamkeitsfilter, da sehr nachvollziehbar geschildert wird, wie Bond mit der für ihn vollkommen fremden Kultur kollidiert.
Sei es der übermäßige Sake-Genuss, der Umgang mit japanischen Frauen oder die schlichte Tugend japanischer Höflichkeit – der smarte Geheimagent muss sich ziemlich für diesen Auftrag umstellen und beginnt, seine eigenen Probleme dabei zu vergessen. So beginnt mit der Fokussierung Bonds auf seinen künftigen Gegner auch ein langsamer Heilungsprozess.

Natürlich ist der obligatorische bösartige und durchgedrehte Verbrecher auch mit von der Partie, wobei die Wahl des Mittels, Menschen ums Leben zu bringen, in diesem Roman definitiv sehr abstrus und irritierend ist. Gäbe es eine Wahl zum seltsamsten Schurken, würde sie der verschrobene Killerpflanzensammler ohne Schwierigkeiten gewinnen.
Wer sich an eine dauernde Spannungssituation bei vorangegangenen Bond-Romanen gewöhnt hat und es auch bei diesem Roman erwartet, dürfte durch das langsame Tempo von ‚Man lebt nur zweimal‘ enttäuscht werden.
Doch andererseits würde in diesen bunten Reiseführer in das Nachkriegs-Japan der 1960er Jahre zu viel Action nicht allzu gut passen, geht es doch auch um die innere Entwicklung des Helden. Im letzten Drittel des Romans zieht das Tempo dann wieder an und lässt in Puncto Spannung keine Wünsche mehr offen. Das recht offene Ende lässt den Leser mit dem verständlichen Wunsch nach dem Folgeband zurück, bei dem alle Karten neu gemischt werden.

Fazit: Viel japanisches Lokalkolorit, weniger Action plus gebrochener Held – ein Bond-Roman der etwas anderen Art, dennoch gelungen. Acht von zehn möglichen Punkten.

Buchdetails:
Reihe: James Bond 007, Band 12
Titel: Man lebt nur zweimal
Originaltitel: James Bond – You only live twice
Autor: Ian Fleming
Übersetzer: Anika Klüver, Stephanie Pannen
Buch/Verlagsdaten: Cross Cult, Broschiert, 300 Seiten, 1. Auflage (Dezember 2013), ISBN-13: 978-3864250927, 12,80€

Über Gloria H. Manderfeld

2 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Bei den Fans kam er aber wohl sehr schlecht an.

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    1. Ja, das kann gut sein - eben weil es nicht der klassische, total action- und techniklastige Bond-Roman ist wie die meisten davor. Auch mit 'The Spy who Loved Me' ist Fleming ja vom Schema abgewichen, und das deutlich. Aber ich finde solche Entwicklungen eigentlich immer sehr spannend.

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