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Buch

Rezension: Warm Bodies

R ist ein waschechter Zombie, dessen Existenz recht eingefahrenen Ritualen unterliegt: Herumstehen, modern, fressen. Zwar ist ihm seine ehemals menschliche Existenz durchaus noch bewusst, aber von seinem Namen weiß er nur noch einen einzigen Buchstaben – R. 
Mit anderen Zombies pflegt er eine Art Zusammenleben, doch sind sowohl die Freundschaft zu M, einem anderen Zombie, sowie das Zusammenleben mit einem weiblichen Zombie nur noch ein vages Echo des wirklichen Lebens. In einer postapokalyptischen Welt haben sich die wenigen verbliebenen Menschen in gut bewachten und beschützten Hochburgen verschanzt und treffen nur dann auf die immer weiter die Oberhand gewinnenden Zombies, wenn sie Expeditionen in Trümmerstädte unternehmen, um besondere Dinge zu finden.

Bei einer solchen Gelegenheit überfällt R’s Zombiegruppe eine Suchergruppe der Menschen und hält sich an diesen schadlos. Doch als R sich über das Gehirn von Perry, einem der jungen Männer aus der Gruppe hermacht, beginnt eine außergewöhnliche Entwicklung, denn R verliebt sich in Perrys Freundin Julie und beschließt, diese vor den anderen Zombies zu retten. Warum er das tut, weiß er zunächst selbst nicht. 
Doch je mehr sich Julies Gegenwart in R’s Leben manifestiert, desto mehr wird ihm bewusst, dass sich etwas in ihm ändert. Sein Appetit auf Gehirne vergeht und macht einem weitaus größeren Hunger Platz – der Sehnsucht nach Liebe, Julies Liebe, welche sich naturgemäß sehr schwer damit tut, mit dem gefährlichen Zombie klar zu kommen …

Als ich das erste Mal von dieser Story hörte, dachte ich mir: Wow. Nachdem nun Vampire und Werwolfe, Feen, Elfen und Meermänner zu salonfähigen Romanzen literarischer Art geworden sind, ist die Reihe wohl nun an den Zombies. Wie auch immer das funktionieren soll – an modernden Leichen konnte ich nicht besonders viel romantisches oder erotisches Potential entdecken.

Aber der Autor Isaac Marion schafft es durch die konsequent bei R gehaltene Erzählperspektive, dem Leser R als durchaus empfindsame und vielschichtige Persönlichkeit vorzustellen. Er vermag sich zwar verbal zu Beginn der Erzählung nicht wesentlich zu artikulieren, aber in seinem Geist entstehen wahre Wortkathedralen voller tiefsinniger Gedanken. Was er nicht sprechen kann, denkt er sich, und ist sich seiner eingeschränkten Existenz und allen damit verbundenen Schwierigkeiten erstaunlich klar bewusst. 
Zwar fehlt R die Erinnerung an sein menschliches Leben und daran, wie er zum Zombie wurde, doch selbst die Art und Weise, wie die brutale Nahrungsaufnahme der Zombies beschrieben wird, hat etwas sehr lyrisches und faszinierendes an sich. Gehirne werden so nicht zum Alltagsessen, sondern zu einer bewusstseinserweiternden Droge für die Zombies, bei der sie einige Lebensaugenblicke ihrer Opfer miterleben dürfen.

So geschieht es auch beim Kontakt mit Perry, doch ab dem ersten Bissen Perry-Hirn verändert sich R’s Leben ganz brutal, da er in die Erinnerungs- und Gefühlswelt des Toten eingesogen und dessen Stimme für R hörbar wird. Und dann ist da noch Julie, Perrys große Liebe, die durch ihre unkonventionelle, lebenshungrige Art aus ihrer Umgebung weit heraus ragt. Je mehr sich beide aneinander gewöhnen und R die Tiefe seiner Gefühlswelt zu erkunden beginnt, desto mehr findet er auch zu seiner ursprünglichen Existenz zurück. 
Dass er der Frau, die er zu lieben begonnen hat, schließlich sogar in die gut gesicherte Menschenfestung folgt, ist da nur eine logische Folge und bringt die Entwicklung trotz einiger Längen brauchbar voran. Neben der Hinwendung von R zu Julie erlebt der Leser hier den klassischen Verlauf einer romantischen Liebe, die aus einem eher rationalen Mann einen verliebten, manchmal unbeholfenen und überforderten Helden macht, der für seine Geliebte so ziemlich alles riskiert.

Leider wirkt der wahre Gegenspieler der Geschichte – Julies Vater General Grigio – reichlich blass und eindimensional, der eigentliche Grund seiner Entwicklung wird nur unzureichend beleuchtet. So wird er zum Antagonisten, damit es wohl überhaupt einen gibt, da sich die ‚netten‘ Zombies dazu nur unzureichend eignen. 
Die im Hintergrund liegende Apokalypse und anderen untoten Lebensformen werden interessant dargestellt, wobei ein paar mehr Informationen sicherlich dazu beigetragen hätten, den Fokus der Story auf die Romanzenhandlung ein bisschen mehr abzurunden. 
Auch der vorhandene Actionanteil wirkt in vielem vor allem deswegen eingestreut, damit die Story auch abseits von R’s Gefühlswelt spannend bleibt. Gerade als ungewöhnliche Liebesgeschichte liest sich ‚Warm Bodies‘ sehr gut, für Fans knallharter Postapokalypte-Action taugt der Roman aber nicht wirklich.

Fazit: Lesenswerte, ungewöhnliche Lovestory mit Schwächen bezüglich Welt und Action. Sieben von zehn möglichen Punkten.
Buchdetails:
Titel: Warm Bodies
Originaltitel: Warm Bodies
Autor: Isaac Marion
Übersetzer:nicht genannt
Buch/Verlagsdaten: (Tropen-Verlag Label) Klett-Cotta; 4. Auflage (22. Juni 2013), 299 Seiten broschiert, ISBN-13: 978-3608501292, 9,95€

Über Gloria H. Manderfeld

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