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Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Der Hauch des Todes



"Mir ist da noch etwas eingefallen," sagte der hochgewachsene Rutian-Twi'lek mit dem markanten Gesicht und blieb direkt neben der Tür stehen, bevor er sich zu Senator Gar'vin und dessen kleinem Hofstaat umwendete. Neben dem ältlichen Senator von Lordin Prime stand dessen mondäne Gattin, wie immer bei ihrem Gemahl untergehakt und ein sehr atemberaubender Anblick. Der servile Sekretär des Senators hielt sich etwas im Hintergrund, sein mirialanischer Protokollchef beäugte den Lieutenant der coruscanter Polizei wie immer, als sei er der herausgewürgte Auswurf einer Manka-Katze.
"Ist es nicht so, Mrs. Gar'vin, dass Sie nicht wie bisher vorgebracht bei Ihrer Kosmetikerin waren, als die Geliebte Ihres Mannes umgebracht wurde, sondern Sie mittels einer Camouflage-Einheit als Hausdiener getarnt sich in den Apartmentkomplex eingeschlichen haben, in welchem sie wohnte?" Der Lieutenant trat zurück in den Raum und betrachtete die Gesichter der dort versammelten Personen. Der Senator, eben noch ältlich und resigniert, starrte seine Frau überrascht an, der Sekretär machte einen Schritt weiter zurück, um auch physisch Abstand zu ihr zu nehmen, schließlich quetschte die mondäne Dame nur ein mühsames "Wie konnten Sie das wissen?" heraus.

"Niemand konnte ahnen, dass Sie über die notwendigen Kontakte zum Geheimdienst verfügten, Mrs. Gar'vin - bis Ihr Ex-Ehemann bei uns im Revier auftauchte und ein bisschen ausgepackt hat - Sie hätten ihn nicht so schnöde zugunsten eines reicheren Gatten verlassen dürfen ..." Genüsslich setzte der Twi'lek-Lieutenant in der feschen Uniform der frechen Mörderin seine Beweiskette auseinander, dann wurde sie von der treuen cybermodifizierten Partnerin des Lieutenants auch schon in Handschellen abgeführt - und der Abspann der beliebten Polizeiserie "Lieutenant Lekku" erklang, untermalt von der Ansage des rodianischen RFN9-Sprechers, dass nach einer nur kurzen Werbepause gleich die nächste Folge des "Lieutenant-Lekku-Serienmarathons" folgen würde. 

Mit einem Seufzen schaltete ein realer Lieutenant das Holo-Empfangsgerät aus und blickte an die Decke ihres Krankenzimmers. Dass sich jetzt auch noch in die Fälle ihrer absoluten Lieblingsserie Elemente einmischten, die sie allzu sehr an das Geschehen von vor knapp einer Woche erinnerten, verdarb ihr ganz gewaltig den Spaß. Es war bislang eine der wenigen angenehmen Entwicklungen ihres strikten Krankenstandes gewesen, dass  Private First Class Saspirinowitsch das Empfangsgerät ein wenig modifiziert hatte, dass es auch die republikanischen Frequenzen abtastete und ihr es so ermöglichte, den derzeitigen "Lt. Lekku"-Marathon anzusehen. 
Dass Logan sie besucht hatte, gehörte zu den Überraschungen dieser Woche, und es war definitiv eine angenehme gewesen. Es schien eine halbe Ewigkeit seit ihrem letzten Gespräch vergangen, aber der gemeinsamen Gesprächsbasis hatte es nicht den Boden entzogen. Dass er sich sogar Sorgen gemacht hatte, war für sie umso erstaunlicher.
Noch immer versuchte sie, nicht zu sehr an jenen Abend zu denken. An jenen einen Moment, in dem es alles innerhalb eines Moments zu Ende hätte sein können - und nur unglaubliches Glück verhindert hatte, dass sie nun nur mit einer verletzten Schulter und noch mehr verletztem Stolz in der Krankenstation lag. 

Es war überhaupt nicht so abgelaufen wie geplant. Mit einem kleinen, aber feinen Team an Spezialisten hatte Lienas die ausdrückliche Einladung des verrückten Terroristen angenommen - zwar hatte dieser nach Captain Stryder-Garrde als Gesprächspartner verlangt, aber wenn dieser dank seiner persönlichen Verstrickungen auf Alderaan festsaß, musste man eben improvisieren.  Und sie hatte improvisiert: 
Die von einem Kontakt beim Sith-Geheimdienst geliehene Camouflage-Einheit tarnte den Lieutenant äusserlich und gegen Scansondierung als Captain, sie musste dem nur seine Art zu gehen und zu sprechen hinzufügen - und diese zu studieren hatte sie in den vergangenen Wochen ausgiebig Zeit gehabt. Zu schade, dass das Gerät beim Einsatz zerstört worden war...

Mit Staff Sergeant Limsharn, der schon zwei Tage vorher zum Einsatzgebiet voraus gereist war, um den vermuteten Treffpunkt - eine breite Brücke in einem der Neubaudistrikte von Kaas City - zu sichern und Schneidsprengladungen unter dieser anzubringen, um eine mögliche Flucht abzusichern, hatte sie sich eigentlich recht gut vorbereitet gefühlt. Der Mann war ein Vollprofi wie alle anderen auch. Die beiden mandalorianischen Söldner Garrm Tracinya und Khalb Kreldo brachten durch ihre Jetpacks und eine Karbonisierungseinheit genug Beweglichkeit mit aufs Schlachtfeld, um den Terroristen ergreifen zu können, wenn sich die Gelegenheit bieten würde. 
Dazu Master Sergeant Blex und Private Olin als kampfkräftige Verstärkung, Sergeant Crossfire mit einem Truppentransporter für eine schnelle Evakuierung in Bereitschaft. Dass der Verrückte die ganzen Möglichkeiten allerdings dadurch torpedierte, dass er nicht selbst auf der Brücke erschien, sondern Sergeant Morrison in Begleitung eines abgehalfterten Kriegsdroiden dort präsentiert hatte, war genau die Option gewesen, mit der Lienas nicht gerechnet hatte.

Damit änderten sich die Prioritäten, und als sie versucht hatte, Morrison zu befreien, waren sie in eine Falle gelaufen. Morrison hatte auf einer mit Pincode gesicherten Kiste gesessen, und als das Rätsel gelöst war, das den Pin ergab, hatte die unter Drogen gesetzte junge Soldatin nur murmeln können, es handle sich um einen Abschusscode.
Einen Abschusscode für eine Lafette der Orbitalverteidigung von Dromund Kaas, um genau zu sein - zwei Raketen kleineren Typs, mit dem normalerweise Transporter aus dem Luftraum geschossen wurden. In einem solchen Moment retteten einen nur schnelle Reaktionen und noch schnellere Beine. Morrison und Lienas waren buchstäblich um ihr Leben gelaufen, als eine der Raketen die Brücke ansteuerte.


Ab da erinnerte sich Lienas nur noch bruchstückhaft an das Geschehen. Ein jäher, harter Schmerz hatte ihre Schulter getroffen, dann war es dunkel geworden. Sie kam im Transporter wieder zu sich, Limsharn hatte sowohl Morrison als auch sie aus dem unmittelbaren Gefahrenradius herausgeschleppt und an Bord gebracht. Dann wieder Dunkelheit. 
Aufwachen im Evakuierungsbereich der Einheit, vor dem Baudistrikt von Kaas City, in dem nun Sirenen heulten wie nach einem echten Luftangriff. Ein Chiss-Inspector des IBIS war bereits dabei, die größtenteils unwilligen Teammitglieder zu befragen. Glücklicherweise hatte Blex nicht mit seiner Faust für eine neue Form des inspector'schen Nasenknochens gesorgt. 
Wie immer war die Inquisition des Imperiums die schnellste Truppe von allen. Die Medics hatten entschieden, das Trümmerteil aus Lienas' Rücken zu ziehen und sie transportstabil zu machen, Gespräche brandeten an ihr vorbei, wurden von den Schmerzwellen geschluckt. Besorgte Augen, die immer wieder zu ihr hinüber blickten, sich vergewisserten, dass sie noch lebte. Es war wohltuend und besorgniserregend zugleich, so angesehen zu werden. Und neu, das vor allem.

Captain Thrace hatte sich als Einsatzleiter bewehrt, sie war froh, alles in seine Hände legen zu können. Sie hätte lachen mögen vor Bitterkeit. Nun hatten sie zwar Morrison wieder, aber der Irre trieb sein kaputtes Spiel weiter.
So eine Sache bringt mich nicht um, hätte sie sagen sollen, aber irgendwann fehlte ihr auch dazu die Kraft. Es war schwer genug, noch immer den zuversichtlichen Kommandanten zu mimen. Verhindern, dass irgend etwas eskalierte, effizient wirken um jeden Preis. Irgendwann war ihr Körper stärker gewesen als ihr Geist. Den Rückflug nach Jaguada verbrachte sie schlafend, im Taumel der Medikamente, vornehmlich Schmerzmittel. Dann wieder eine Behandlung, und schließlich lag sie in einem Einzelzimmer, den linken Arm so fixiert, dass sie ihn nicht bewegen konnte.

Ihr Körper mochte das Synthfleisch nicht, mit dem die Ärzte das Loch in ihrem Körper geflickt hatten. Der Kunstknochen, mit dem ihr Schulterblatt ergänzt wurde, stellte kein Problem dar, aber es brauchte einige Tage, bis ihr Leib den Fremdkörper mit Hilfe von noch mehr Medikamenten akzeptieren wollte. Zu viele Verletzungen, zu viel Flickwerk, zu vieles, was sie sich im Lauf der Jahre schon verletzt hatte. Irgendwann war wohl Schluss, ein weiteres Zeichen, dass ihre besten Jahre im Einsatz wohl vorbei waren. 
Die Woche hatte sich gedehnt. Einerseits hatte sie eine Unmenge Flimsikram beseitigen können, schließlich hatte sie tagsüber nichts anderes zu tun als das. Andererseits war schon nach dem dritten Tag in erzwungener Ruhe das Gefühl übermächtig geworden, aus dem reglementierten Alltag der Krankenstation ausbrechen zu müssen. Als hätten sie es geahnt, waren die Kollegen und Kameraden zu einem nicht abreißenden Strom der Besucher geworden, die zumindest die Abende sehr angenehm gestalteten, von dem Verhör durch Inspector Nirovan mal ganz abgesehen. 
Auch das Gespräch mit Captain Stryder-Garrde kurz nach dessen Rückkehr von Alderaan hatte ihr Erleichterung verschafft, einen Kanal für ihre lange gehegte Wut. Er hatte seinen Fehler zugegeben, und das reichte für das Vergangene vollkommen aus. Für die Zukunft musste er nun wählen, und beide Wahlmöglichkeiten versprachen eine künftige, recht interessante Zusammenarbeit.

Corporal Vale hatte an den wachsamen Augen des Pflegepersonals vorbei einen großen Schluck Whisky in einer Saftflasche eingeschmuggelt. Colonel Sordan hatte sie verbal aufgerichtet, ihr Zuspruch geboten und ihr etwas wichtiges versprochen. PFC Saspirinowitsch hatte nicht nur den Holoempfänger umgebaut, sondern auch Lienas' lange überfälliges Com aus der Reperatur wieder zurückgebracht - mit dem Ersatzmodell war sie nie wirklich warm geworden. 
Wunderbarer Caf aus der noch wunderbareren Cafmaschine von Captain Thrace, dazu ein hoffnungslos arterienverfettendes Sandwich, dessen Belag wesentlich aus Schinken und Käse und nur marginal aus Salat bestanden hatte. Dazu hatte er immer vorbei geschaut, wenn es seine Zeit erlaubte, ein beständiger und fürsorglicher Gesprächspartner, der ihr die Stunden hatte viel schneller vergehen lassen.

Selbst die lange Diskussion mit Private Malony, bei der Lienas nach wie vor das Gefühl hatte, sich mit einer Wand unterhalten zu haben, war irgendwie tröstlich gewesen. Das Leben ging weiter, und so wenig sie sich zuvor als Teil einer Einheit gefühlt hatte, so mächtig war dieser Gedanke in den letzten Tagen aufgekommen. Einer Einheit, die auf sie anscheinend nicht verzichten wollte - und mehr als das. Freundschaften. Persönliche Bindungen. 
Begann sie, sich innerlich irgendwo niederzulassen? War dies das unvermeidliche Ende ihres Lebens als Agentin, das schon formal vor zwei Jahren zu Ende gewesen war? Diese eine Frage konnte sie nicht beantworten, und noch wollte sie es auch nicht. Dafür gab es viel zu viel zu tun - und wenn sie morgen endlich aus der Krankenstation entlassen werden würde, wartete schon einiges an Pflichten auf sie. Und insgesamt vier Dates...

Über Gloria H. Manderfeld

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