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Buch

Rezension: Leben und sterben lassen

Als in den USA immer mehr Goldmünzen aus einem alten Piratenschatz auftauchen, wird der MI6 misstrauisch, da diese indirekt zu dem schwarzen New Yorker Gangster Mr. Big zurück verfolgt werden können und dieser ein Agent der skrupellosen Geheimorganisation SMERSCH ist. Es wird vermutet, dass der Erlös aus dem Verkauf der Goldmünzen direkt der Finanzierung sowjetischer Spionage in den Vereinigten Staaten zugute kommt, was den westlichen Geheimdiensten natürlich ein Dorn im Auge sein muss. 
 James Bond fliegt zur Unterstützung der CIA nach New York und trifft dort auf seinen alten Bekannten und CIA-Agenten Felix Leiter, mit dem er bei dieser Angelegenheit zusammenarbeiten soll. Vor der Abreise nach Florida, wo die vermeintliche Schmuggler-Yacht 'Secatur' in der Stadt St. Petersburg ankert hören sich Bond und Leiter in Harlem um und geraten prompt in die Fänge von Mr. Big, der über Leiters Geheimdienst-Hintergrund erschreckend gut Bescheid weiß.

Nur das Eingreifen der schönen Solitaire, die als Mr. Bigs Hellseherin den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Bond überprüfen soll, rettet ihn vor ernsteren Konsequenzen – Bond gelingt schließlich die Flucht. Solitaire kontaktiert Bond und bittet ihn, ihr bei der Flucht aus Mr. Bigs Nähe zu helfen, da dieser sie wie eine Gefangene hält und zunehmend zudringlicher ihr gegenüber wird. Zum einen von der Anziehung Solitaires, zum anderen von ihrem Wissen um Mr.Bigs Organisation getrieben, organisiert Bond die Flucht der Wahrsagerin und reist mit ihr per Zug nach St. Petersburg, getarnt als Ehepaar. Die beiden kommen sich auf der Fahrt rasch näher, doch dann wird ein Anschlag auf den Zug verübt und der lange Arm Mr.Bigs erwartet Bond, Solitaire und Leiter bereits in St. Petersburg – der Gangster sinnt inzwischen auf Rache...



Wieder muss sich James Bond der Herausforderung durch einen Superverbrecher stellen, und dieser Gangster ist, bedenkt man das Erscheinungsjahr (1954) der Erstausgabe, erstaunlicherweise auch noch schwarz. Mr.Bigs Schattenimperium wird von Fleming derart glaubhaft beschrieben, dass man sich des Gedankens nicht ganz erwehren kann, ob es dergleichen nicht wirklich gegeben hat und der Autor es aufgrund seiner Geheimdiensterfahrung schlichtweg nur noch übernehmen musste. 
Doch derlei Überlegungen sind bei James-Bond-Romanen trotz der teilweise sehr grotesk wirkenden Oberschurken nie ganz von der Hand zu weisen, da all diese Gangster mit der Angst und Gier ihrer unmittelbaren Umgebung arbeiten und davon enorm profitieren.

Bonds Reise nach New York konfrontiert ihn mit einer Welt, in die er ganz offensichtlich nicht hineinpasst – wer als Weißer in das Harlem der 50er Jahre geht, fällt zwangsläufig auf. Auch die Beschreibung des allgegenwärtigen Voodoo, das sich Mr.Big zunutze macht, verstärkt diesen Eindruck einer fremdartigen Welt zusätzlich. Die weibliche Hauptperson des Romans, die hellseherisch begabte Solitaire, findet prompt Gefallen an dem Gentleman-Geheimagenten, lässt sich von ihm retten und sinkt dann auch an seine Brust, um sich von ihm die Liebe zeigen zu lassen.
Erst in der letzten dramatischen Szene des Romans wird sie von einer zu beschützenden, eher unselbständig wirkenden Frau zu einer Erwachsenen, die gemeinsam mit Bond gefasst dem Tod ins Auge blickt. Neben dem Können und Wissen, dass einem Schwarzen zu einer Zeit offener Vorurteile zugesprochen wird, dürfte diese Entwicklung Solitaires der bemerkenswerteste Aspekt des Romans sein, sind doch Diskussionen um Feminismus und Gleichberechtigung noch einige Jahre fern.

Die große Liebe Flemings zu Jamaica lässt sich in den detailverliebten und atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen wiederfinden, zudem gelingt ihm, den Kontrast zwischen der hektischen, schnellen Lebensweise New Yorks und dem eher beschaulicheren Tempo der Karibikinsel anschaulich darzustellen. 
Auch bei diesem Band muss angesichts der Neuübersetzung die Entscheidung des Verlages gelobt werden, möglichst nahe am Original übersetzen zu lassen: Hier werden, dem damaligen Sprachgebrauch entsprechend, Schwarze noch als Neger bezeichnet, auch dem technischen Stand entsprechende Typenbezeichnungen wurden nicht modernisiert. So bleibt das Lesegefühl für all jene gewahrt, die noch an die Übersetzung in den Ullstein- und Scherzauflagen gewöhnt sind.

Fazit: Hektische Stadtabenteuer und hitziges Karibikfeeling – auch der zweite Band aus der Bond-Reihe lockt mit Abwechslung, dezenter Erotik und Action. Lesenswert! Acht von zehn möglichen Punkten.

Buchdetails:
Reihe: James Bond 007, Band 2
Titel: Leben und sterben lassen
Originaltitel: James Bond – Live and let die
Autor: Ian Fleming
Übersetzer: Anika Klüver, Stephanie Pannen
Buch/Verlagsdaten: Cross Cult, September 2012, Broschiert, 352 Seiten, ISBN-13: 978-3864250729, 12,80€

Über Gloria H. Manderfeld

2 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Ach ja, Cross Cult machen schon echt ordentliche Arbeit, bei dem was sie tun. Auch - wenn es nicht Romane sind - die Übersetzungen der bei denen erschienenden Graphic Novellen und Comics ist extrem zufriedenstellend.

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    1. Von den Fleming-Neuauflagen bin ich restlos begeistert, und ich hatte von CC auch schon die Castle- und Torchwood-Sachen in der Hand. Nur noch keine Graphic Novels ^^ das kommt vielleicht noch.

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