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Rezension: Die verborgene Königin

Der Kampf zwischen den Königreichen Rosinian und Rashin erreicht einen verzweifelten Zwiespalt für den kommandierenden General Fodrun: Die rosinianische Armee ist demoralisiert, der König im Kampf gefallen, und die Thronerbin Anghara sitzt im entfernten Miranei und ist noch viel zu jung, um kämpfenden Männern Inspiration zu sein. Nur wenn er dem unehelichen Sohn des verstorbenen Königs, einem erfahrenen Krieger, die Krone anträgt, scheint ein Überleben noch denkbar – und Sif Kir Hama akzeptiert, wohl wissend, dass er seinen Thronanspruch mit Gewalt wird durchsetzen müssen.

Während der junge Herrscher siegreich aus dem Kampf hervorgeht, versucht Angharas verwitwete Mutter zu retten, was sie für ihre Tochter noch retten kann – sie verpflichtet den Thronrat zur Treue zu ihrer Tochter und lässt sich dies schriftlich geben. Als die Hauptstadt von Sifs Truppen eingenommen wird, bezahlt Angharas Mutter die Flucht ihrer Tochter mit dem Tod, und für Anghara beginnt eine Zeit der Unstetigkeit, die sie zunächst einige Jahre bei Verwandten ihrer Mutter verbringt, dann auf Schloss Bresse, in welchem Angharas sich manifestierende magische Begabung ausgebildet wird. Die 'Gabe', welche fast nur Frauen entwickeln, wirkt je nach Anwenderin verschieden und erlaubt manchen, Visionen der Zukunft zu empfangen, andere vermögen das Wetter zu manipulieren und vieles mehr.

Doch auch auf Schloss Bresse können die Häscher ihres Halbbruders die Thronerbin aufstöbern, und nun bleibt Anghara nur noch die Flucht über das Meer, in das geheimnisvolle Land der Keldrin, einem Wüstenvolk mit ureigener Mythologie und Kultur. Erst dort gelingt es Anghara, sich für die ihr innewohnenden Kräfte zu öffnen und beginnt den Weg zu beschreiten, der sie zu ihrem Selbst führt – und zurück zum weit entfernten Thron, der noch immer auf sie wartet …


Schnell entspannt sich vor dem inneren Auge des Lesers eine Fantasywelt, die viele Anleihen am realen Mittelalter besitzt – das Königreich Rosinian wirkt darin sehr nahe an mitteleuropäischen Reichen orientiert, während Kheldrin sehr viel nahöstlichen Einfluss besitzt. Auch die Manie des rosinianischen Herrschers Sif, Menschen mit der Gabe nach und nach auszurotten, erinnert stark an die Hexenverfolgungen des Mittelalters – doch bei aller historischer Nähe vermittelt die Welt Alma Alexanders einen eigenen, stillen Zauber. Schnell taucht man in die Intrigen um den Thronerhalt Angharas ein und folgt ihrer Flucht, bei der sie mehr und mehr verliert, bis sie selbst das Land verlassen muss, dem sie sich durch ihr Blut und Erbe verbunden fühlt.

Dabei wirkt die Protagonistin, deren langsame Entwicklung vom unmündigen Kind zur eigenverantwortlichen jungen Erwachsenen miterlebt wird, die meiste Zeit durchaus glaubwürdig, als sie allerdings in Kheldrin ihre wahren Fähigkeiten entfalten kann, erscheint sie als zu übermächtig, zu gut und zu liebenswert, um wirklich tiefgreifende Sympathie zu verdienen.
Die ihr wohlgesonnenen Menschen, welche ihren Weg immer wieder begleiten, scheinen dadurch zu sehr von ihr fasziniert, während die opponierenden Kräfte zu unmotiviert 'böse' handeln – gerade König Sifs wachsende Paranoia gegenüber Frauen mit der 'Gabe' wirkt etwas übertrieben und wird durch die wenigen, ihm zugedachten Zwischensequenzen nicht nachvollziehbar entwickelt.

Dabei bleibt 'Die verborgene Königin' zu jeder Zeit ein solide und ansprechend formulierter Fantasyroman, der den Leser gut unterhält – bis auf wenige Längen ist das Erzähltempo durchgehend gut gewählt. Allein gegen Ende der Erzählung wird die Handlung, die sich zuvor mit vielen Details und Erklärungen ausgeschmückt hat, recht gerafft, eine mehrwöchige Reise wird innerhalb weniger Seiten abgehandelt, was zuvor deutlich anders gelöst wurde.
Leider bleiben auch viele der Anghara umgebende Personen recht blass und werden meist durch ihre jeweilige Funktion charakterisiert, nicht durch eine eigenständige Persönlichkeit, wirklich weitgehend ausgestaltete Nebencharaktere bleiben selten und lassen umso merklicher eine Lücke zurück.

Den phantasievollen Beschreibungen der einzelnen Ländern kann man deutlich ablesen, dass sich die Autorin viele Gedanken um ihre Welt und deren Bewohner gemacht hat, auch das Glossar am Ende des Buches wartet mit vielen zusätzlichen Informationen und Erklärungen auf, welche einem das Verständnis der Welt deutlich erleichtern. Dies hebt 'Die verborgene Königin' positiv von vergleichbaren Weltkonstruktionen ab.

Dass die Erzählung kein wirkliches Ende findet, sondern recht abrupt auf Angharas Rückreise in ihre Heimat hinführt, ohne einen Ausblick auf das weitere Geschehen zu bieten, lässt vermuten, dass ein Folgeroman geplant ist und man erst in diesem erfahren wird, wie die Geschichte enden wird – allerdings findet sich im Buch selbst keinerlei Hinweis auf eine Fortsetzung.

Fazit: Solide geschriebene Fantasy in einer interessant ausgestalteten Welt, deren Hauptheldin allerdings nicht so recht überzeugen kann. Sechs von zehn möglichen Sternen.

Buchdetails:
Titel: Die verborgene Königin
Originaltitel: The Hidden Queen
Autorin: Alma Alexander
Übersetzer: Edda Petri
Buch/Verlagsdaten: Bastei Lübbe, September 2011, 416 Seiten broschierte Ausgabe, ISBN-13: 978-3404205615

Über Gloria H. Manderfeld

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