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Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Untergetaucht



Die Klinge in Captain Stryder-Garrdes Hand schnitt durch den Kopf des KI-Avatars wie durch Butter. Ungläubig beobachteten die Soldaten, wie der Angriff dadurch ins Leere lief, dass sich der Kopf der Wesenheit einfach wieder zusammensetzte, als sei absolut nichts von Belang geschehen. Schüsse dröhnten durch den Zentralcomputerraum der 'Star of Vengeance. Jeder einzelne prallte am Körperschild der Wesenheit ab, der sich wie ein Mosaik aus winzigsten Teilen stets um den Leib des Avatars bildete. Einzig Nahkampfangriffe schienen eine Möglichkeit zu bieten, die Wesenheit abzulenken - deswegen ließ Lieutenant Lienas van Arden ihr personalisiertes Gewehr sinken und griff zu den am Gürtel befestigten Messerscheiden.
Reyes holte neben ihr auf und versuchte es mit aufgesetzten Blasterschüssen. Stryder-Garrde flog durch die Luft und prallte gegen eine der Wände, dann richtete sich ihr Fokus gänzlich auf den Gegner. Es gab nichts, mit dem sie ihm wirklich beikommen konnten - EMP-Geschosse, Blasterschüsse, Messer, Granaten - und die Wesenheit hatte einen Schlag, der einem ohne den Schutz der Kampfanzüge ohne Mühe die Rippen brechen konnte. Dazu seine Waffe eines fremdartigen Bautyps, deren Durchschlagkraft nicht bekannt war.

Der Schmerz explodierte wie ein rötliches Feuer in ihrer Brust, strahlte in den Rücken ab, als sie mit voller Wucht gegen die Wand hinter sich krachte. Selbst ihre bewährte Rüstung konnte ihren Flug nicht genug abdämpfen, nicht die inzwischen deaktivierte Schwerkraft. Das waren mindestens zwei Rippen, realisierte Lienas stumm, kniff die Augen zusammen, überprüfte alle anderen Teile des Körpers, wie es ihre Gewohnheit war. Sie konnte wieder aufstehen, griff ihr verbliebenes Messer fester. Im Hintergrund trieb Stryder-Garrde vorbei, machte sich mit Sprengstoff auf, um einen Weg zum Computerkern freizumachen. Sie mussten den Avatar ablenken, so lange es nur möglich war, um ihm Handlungsspielraum zu geben.
Also zurück zum Gegner. Reyes hatte sich in den Kampf gestürzt, als sie an die Wand gekracht war, doch kam ihn die Entscheidung teuer zu stehen. Nun galt die ganze Aufmerksamkeit der personifizierten KI ihm und alleine ihm - griff nach den Handgelenken des Specialist und hielt ihn fest, als wollte sie ihm durch pure Gewalt alle Knochen im Leib zu brechen. Nicht einmal ein Schulterstoß konnte den Avatar erschüttern, sie hörte die Waffe der KI fauchen und Reyes wurde zurückgeschleudert. Kam er wieder hoch? Wie lange würde es dauern? Mit dem Messer lenkte sie den Fokus des Gegners wieder auf sich, wich einmal aus, doch das zweite Mal gelang es ihr nicht mehr.

Die geballte Faust des Avatars durchschlug ihren Helm mit einer Wucht, dass sie das Knacken durch Mark und Bein fühlen konnte, als ihr Nasenrücken brach. Zischend entwich die Luft aus ihrem Kampfanzug und es dauerte lange Sekunden, bis sie sich an die Panzertape-Patches erinnerte, die sie für solche Zwecke in einer Seitentasche ihrer Ausrüstung bei sich trug. 
Metallisch schmeckte sie das Blut auf der Zunge, so vertraut und verhasst zugleich. Wieder schmerzte ihr Rücken, nun gepaart mit der Lohe im Gesicht. Schemenhaft sah sie den  Avatar zu Reyes zurückkehren, der es mit einem letzten Schuss aus beiden Blastern versuchte, der wirkungslos verpuffte. 

Nicht einmal der Betäubungsschuss aus Lienas' Handblaster konnte die KI aufhalten, die fremdartige Waffe erwischte Reyes frontal auf der Brust und warf ihn zu Boden. Er regte sich nicht mehr, doch dafür war keine Zeit. Nur noch einer im Nahkampf, und Stryder-Garrde war noch nicht bereit. Es blieb nicht einmal mehr Zeit dafür, Angst zu haben, es gab nur noch den Gegner, diese Personifikation, ihre Messer, ihre Arme, die Kraft, die sie noch zur Verfügung hatte, allem Schmerz in ihrer Brust zum Trotz. 
Sie durfte nicht aufgeben. Aufgeben war keine Option. Die Klinge in die Nierengegend der Personifikation rammend, wusste sie genau, dass es nichts bringen würde - aber der Gegner wandte sich ihr zu, und darauf kam es an. Nimm mich! Hier bin ich! Greif mich an! 

Das Flackern ihres Helm-HUDs zeigte an, dass das zweite Team zu ihnen aufschloss, blinkende Punkte auf der projezierten Umgebungskarte - die Zeit hatte gereicht, Verstärkung kam. Wieder zurück zum Gegner, sie konnte Thrace erkennen, wie er sich auf den Avatar stürzte, um ihr zu Hilfe zu kommen - und auch er fiel. Das Krachen hätte laut sein müssen, ihr Kopf dichtete es einfach hinzu, als sein Körper mit der Wand kollidierte. Stille im internen Comkanal, war er auch bewusstlos? Jetzt kehrte die Angst zurück, für einen furchtbar langen Augenblick. Limsharn übernahm den Kampf, und sie konnte nicht anders, sie musste nachsehen, ob Thrace noch lebte. Verschwendete Sekunden, und gleichzeitig doch nicht. Wage es nicht, jetzt zu sterben
Erst als er sich regte, konnte sie wieder zurück in den Kampf, den Blick auf den Avatar richtend. Eine Explosion - sie hatten Stryder-Garrde genug Zeit erkauft - der Weg zum Kern war offen. Com-Kommunikation mit der 'Corona', welche die 'Star of Vengeance' zu bombardieren begann. Die Bilder bewegten sich schneller vor ihrem Auge, die explodierende 'Star of Vengeance', eine Kugel, die aus zwei Captains und einem Lieutenant bestand, wurde in den Weltraum gesaugt, neue Bilder blitzten stroboskopartig auf, verschwanden wieder, dann ein lautes Poltern ...

Der leere Cafbecher hatte unschöne Bekanntschaft mit dem Boden gemacht, als Lienas langsam den Kopf vom Schreibtisch erhob. Einige leere Dosen mit irgendeinem Energydrink lagen in Griffreichweite, das Büro roch irgendwie abgestanden. Blinzelnd schob sie sich in die Senkrechte und tastete ihre Wange entlang, auf der sie den Abdruck der Dinge auf ihrer Tischplatte fühlen konnte. Wie lange hatten sie am Abend zuvor gemacht? Der Morgen hatte schon gedämmert, soviel wusste sie noch. Ihr Kopf schmerzte von der langen Recherchearbeit, die sie mit ihrem Vorgesetzten gemeinsam geleistet hatte.
Eigentlich hatte der Abend zuvor harmlos begonnen - mit einer Nachbesprechung der Ereignisse der letzten Zeit, bei der sie ihm auch sein Verhalten beim letzten Einsatz vor Augen geführt hatte. Er schein es nach wie vor nicht zu verstehen, dass es auch auf sein Leben ankam. Dass man es nicht unnötig riskieren musste. Dass man sich zudem nicht wie ein Eisklotz aufführen musste, wenn einen Dinge störten. Gesellschaftliche Normen!
Aber bevor sie diese Thematik hatten vertiefen können, war der Holoanruf seiner Frau von Alderaan gekommen - die schwangere Sith hatte erschreckendes zu berichten, über den anscheinend wahnsinnig gewordenen Darth Aroval, der sich eine Billion Credits ergaunert hatte und nun versuchte, die Galaxis in Brand zu setzen. Beginnend auf Alderaan. Und sie hatten getan, was imperiale Offiziere zu tun hatten - Hypothesen erörtert. Versucht, Ansatzpunkte zu finden, versucht, in alle möglichen Richtungen zu denken. Mit einer Billion Credits konnte man eine Menge Unsinn anstellen.

Seufzend rappelte sie sich auf und schüttelte die verschiedenen Dosen prüfend. In einer waren tatsächlich noch ein paar Schluck der eklig-süßen Flüssigkeit, inzwischen total abgestanden - aber sie zwang sich das Zeug herunter. Früher hatte sie viel schlimmeres getrunken, wenn es nötig war. Für einige Momente lang wünschte sie sich in den Kolto-Tank zurück. Reyes hatte es gut, der schwebte schon seit einigen Tagen darin und konnte sich gründlich erholen. 
Täglich ging sie dort vorbei und las ihm etwas vor, um ihn ein wenig abzulenken. Im Tank war es die meiste Zeit langweilig, und sie wusste, dass Kontakt mit der Umgebung helfen konnte, dass man zu sich zurück fand. Sie nahm sich auch genug Raum, um Captain Thrace regelmäßig zu besuchen und sich zu vergewissern, dass er nicht zu viele Akten bearbeitete.
Bis auf den einen Tag, an dem sie selbst im Tank gelandet war. Nach der tödlich langweiligen Truppenunterhaltung durch einen absolut unlustigen Comedian und eine Tänzerin, die zwar Rhythmusgefühl besaß, aber in etwa so viel Erotik ausstrahlte wie eine Schale Brei aus der Truppenküche, war der Abend unerwartet viel spannender geworden. 
Der Comedian hatte sich als Jedi-Infiltrator entpuppt, der versucht hatte, über einen Techniker des Stützpunktes an die Systeme zu kommen - bei der wegen der terroristischen Akte auf Jaguada deutlich angehobenen Alarmstufe auf dem Stützpunkt keine gute Idee. Natürlich war er verhaftet worden, und die Sith hatten sich seiner und der Tänzerin angenommen.

Am Tag darauf hatten der Captain und Lienas prompt einen ordentlichen Anschiss von Lord Disicio erhalten, der sichtlich ungehalten nach dem gefangenen SID-Agenten fragte, der nach wie vor auf der 'Arch of Tears' gelagert wurde und bereits vor Wochen verhört worden war. Anscheinend war dieser Istariel Solius der Grund für den Besuch des Jedi gewesen. Eine Verbindung, die sich erst nachträglich überhaupt ergeben hatte, schließlich war Solius niemals auf Jaguada angeliefert worden und offensichtliche Verbindungen zu den Jedi waren zuvor nicht klar gewesen.
Nach dem Anschiss hatten sie sich gen der Arrestzellen begeben, um die Tänzerin für den Abtransport vorzubereiten - genau zu diesem Augenblick hatte wohl der Jedi auszubrechen versucht. Ein verwirrter, angsterfüllter Soldat mit einer scharfen, ungesicherten Granate am Gürtel war den beiden Offizieren entgegen gerannt, Lienas hatte instinktiv gehandelt und ihren Vorgesetzten gekonnt zur Seite getackelt. 
Die Landung auf dem Boden hatte allerdings ihre noch vom letzten Einsatz angeknacksten Rippen gebrochen, und dieses Mal war Dr. Va'Tharr hart geblieben. Mehrere Stunden Tank richteten dann auch die gebrochene Nase - wenigstens war dieses kosmetische Problem damit auch gelöst worden. Man musste wohl in allen unschönen Ereignissen auch das Gute sehen. Keine zwei bis drei Wochen mit ständigem Schmerz an den Rippen war die paar Stunden schwimmen in Koltosuppe definitiv wert. 

Seufzend strubbelte sich die Offizierin durch das kurze, blonde Haar und kämmte es wieder zurecht - für einen solchen Fall hatte sie immer einen kleinen Kamm in der Innentasche ihrer Uniformjacke. Dennoch würde sie jetzt erstmal eine Dusche brauchen, bevor sie in Richtung Dienst gehen konnte. Und ein Frühstück mit mindestens zwei Sandwiches und einem sehr, sehr großen Caf, um den Geschmack nach abgestandenem Energydrink aus dem Mund zu bekommen. An Schlaf war angesichts der neuen Hiobsbotschaften ohnehin nicht zu denken. Es war nicht der erste Tag, den sie mit nur einer oder zwei Stunden Schlaf zuvor durchstand. 
Reyes hatte es wirklich gut. Untergetaucht in ein paar Schichten dämpfendes Kolto. Einfach einige Tage gar nichts, das geschah, die Welt drehte sich weiter. Aber diesen Gefallen tat einem die Galaxis nur selten. Und der Krieg wartete ohnehin nicht ...

Über Gloria H. Manderfeld

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