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Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Splitter des Sieges


Stille. Der kleine, zehn Quadratmeter umfassende Raum, in dem nur die schwache Notbeleuchtung aktiviert war, befand sich tief innerhalb der durastählernen Eingeweide des Schlachtschiffs Arch of Tears und diente bis zum endgültigen Abschluss des Umzuges als Quartier für Lieutenant Lienas van Arden. Sie lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett, atmete flach und konzentrierte sich auf die Stille. Noch immer schmerzte ihr Schädel von den sieben Tagen im OpCom. 
Die Menge der auf ihr Bewusstsein einprasselnden Funksprüche war irgendwann einfach zu viel gewesen. Einzelne Gedanken verstummten, und machten purer Reaktion Platz. Sie hatte funktioniert, und gemessen am Erfolg der Mission, vermutlich auch sehr gut. Dennoch empfand sie keinen Triumph, konnte auch jetzt noch nicht feiern. Dafür war sie auch zwei Tage nach dem Abflug Richtung Dromund Kaas einfach zu erschöpft. Die blutigen Details des Kampfes hatten andere erledigt, diesen hatten die Offiziere nur aus der Operationszentrale in dem verlassenen Militärstützpunkt der janukianischen Armee verfolgen können. Und doch fühlte sie sich, als hätte sie die vergangenen Tage direkt an der Front verbracht, in der Kälte des dortigen Winters, blutend und frierend. Innerlich war ihr noch immer eisig kalt.

Schneesturm. Der Ausfall des Com-Relais war passend wie die Faust aufs Auge geschehen, als die Witterung von arschkalt auf arschkalt mit einer Unmenge Schnee umgeschlagen war. Die Soldaten waren aufgebrochen, um von einer Versorgungsstation eine Ersatzbatterie für das Relais aufzutreiben und mussten sich prompt gegen wütende, katzenartige Wesenheiten behaupten, die in ihnen ein passendes Abendessen gesehen hatten. Gleiches am Tag darauf, als sie bei dem Versuch, den Schacht für das Reaktorkühlwasser zu räumen, die Bombe Marke Eigenbau inmitten von Durabeton und einer Menge Eiswasser hervorgestöbert hatten. 
Sofort hatte Lienas befohlen, den Stützpunkt zu räumen, denn es war nicht klar abzusehen gewesen, aus was genau diese Bombe bestand, eine hübsche kleine Hinterlassenschaft der Widerständler. Und ein weiteres Mal hatten sich die Soldaten gegen die wütenden Raubkatzen von Januk 2 verteidigen müssen. Auf den Großkampfschiffen war viel weniger los gewesen, und sich langweilende Funker waren ihr seit diesen Tagen verhasst. Der Klang von sich überschlagenden Stimmen, Blasterfeuer, das unendlich langsame Voranschreiten der Bergungsdroiden und die gelangweilten Meldungen der Funker von der Corona und der Arch of Tears, die sich gegenseitig die Heldentaten ihrer Schiffe aufgezählt hatten, weil es sonst gerade für sie nichts zu tun gab, waren eine Mischung, die sie ein paarmal hatte schreien lassen. 
Glücklicherweise konnte man das Mikrofon deaktivieren und niemand sonst hörte sie vor Frustration schreien. Und die beiden Captains befanden sich nicht dauernd in der Op-Zentrale, sodass ihr wenigstens diese Momente vergönnt waren. Die Verhandlungen mit dem Widerstand verliefen ohne Ergebnis, und nach vier Tagen auf dem Planeten gingen die imperialen Kräfte in die Offensive.

Zuerst ein Angriff auf einen Aussenposten des Widerstandes, der von einer kleinen Einheit Kämpfern und schweren automatischen Geschützen beschützt wurde. Da hatte Limsharns legendärer 'Läuferlocher', die Duragan-DLR, wieder beste Dienste geleistet, aber auch die Leistung des restlichen Teams war gut gewesen. Sicher, sie hatten ein bisschen was abbekommen, und die Flüche von Master Sergeant Blex waren wie immer legendär genug gewesen, um Lienas dessen zu versichern, dass es brauchbar lief. Erst wenn er gar nicht mehr fluchte, machte sie sich ernsthaft Sorgen, dennoch musste sie sich sehr beherrschen, nicht öfter nach dem Status des Vorrückens zu fragen. 
Danach, wer was gemacht hatte und ob nun alle Geschütze ausgeschaltet waren. Es blieben nur die Überwachungsbilder aus dem Orbit und die automatischen Statusmeldungen der Rüstungen, um sich zu vergewissern. Dass sie nicht neben Blex und Limsharn an vorderster Front stehen konnte, ließ sie in der Zentrale hin und her laufen wie ein Tier im Käfig, was zumindest Captain Stryder-Garrde überhaupt nicht verstanden hatte. Er sah seinen Platz genau dort, in der Schaltzentrale der Macht, wo alle Informationen zusammenliefen. Dass sie darin jedoch weitaus weniger Chancen hatte, irgend etwas zu bewegen oder im Auge zu behalten, als direkt vor Ort, erwies sich an diesem Tag, als es den Soldaten gelungen war, den Aussenposten einzunehmen.

Sith Xzari hatte sich von der Gruppe abgesetzt und war verschwunden, während die Soldaten sich noch versorgten und Informationen aus den Computern des Aussenpostens sammelten. Erst eine großangelegte Suche mit Shuttles hatte sie wieder auf die Spur der Sith gebracht - im Kampf mit einem Jedi, und deswegen enorm angeschlagen. Wenigstens hierbei hatte sie noch etwas tun können und war mit an Bord des Shuttles gegangen - die Ankündigung, den Jedi mit den Bordgeschützen zu bombardieren, hatte ihr seltsam viel Spaß gemacht. 
Er hatte sich prompt mit einem hohen Sprung in Richtung des Shuttles gerächt und versucht, die Stabilisatoren mit seinem Lichtschwert zu zerstören - glücklicherweise hatte der Pilot genug Erfahrung und Geistesgegenwart besessen, dass sie nicht abgestürzt waren, und als sie Xzari an Bord brachten, konnte Lienas auch die wütenden Vorwürfe unterdrücken, die ihr auf der Zunge lagen, weil sie ziemlich zerfleischt aussah. Die erste Kandidatin des Einsatzes für den Koltotank, die prompt zur Arch of Tears ausgeflogen wurde. Und die Verletzten mussten es einfach aushalten. Keine Sonderrechte für Soldaten. 
Wenigstens war Blex nach seiner Verletzung von dem Schneesturmausflug wieder auf den Beinen gewesen und hatte die Gruppe anführen können. Reichlich seltsam, ihn zu füttern, während Private Wheest dabei zugesehen hatte, als wäre es irgendwie abnormal. Daran bemerkte man wirklich, wer schon Einsatzerfahrung hatte und wer nicht - und Theila Wheest war in vielem so grün, wie man nur sein konnte. Alleine schon ihre Mütze mit den Plüschohren, mit der sie einmal sogar zum Dienst erschienen war. Aber es brauchte wohl jeder irgendwas, um mit alledem fertig zu werden. Wheest hatte, im Gegensatz zu dem ein oder anderen, wenigstens das Herz am rechten Fleck und die richtige Einstellung. Sonst hätte Lienas ihr auch nicht später ihre Mütze auf den Tank gelegt ...

Dann der Angriff auf den Bunker mit der Luftverteidigungsanlage - die Daten dafür hatten die Techniker aus den Aufzeichnungen des Aussenpostens gewinnen können und damit das nächste Ziel festgelegt, unerlässlich für ein Gelingen des gesamten Feldzuges. Nur wenn die vom Widerstand und ihren republikanischen Unterstützern kontrollierte Luftverteidigungsanlage deaktiviert wurde, konnten die Großkampfschiffe ihre volle Wirkung entfalten und mit einem Flächenbombardement letzten Widerstand brechen. Also gab es einen neuen Befehl, neues Vorrücken einer kleinen, aber entschlossenen Truppe. Und den übermächtigen Wunsch, nicht immer nur alles zu beobachten, sondern handeln zu dürfen. Ein Tag mehr, in dem sie in der Zentrale Kreise gelaufen war, ohne die Gelegenheit, sich Luft zu machen.
Vor allem, weil sowohl Blex als auch Limsharn mit Blessuren in den Kampf gingen und die Übermacht auf der anderen Seite sich schon auf den Aufklärungsbildern abgezeichnet hatte. Die Chancen standen schlecht. Einer mehr hätte vielleicht einen größeren Unterschied gemacht. Sie hätte einen Unterschied machen können, wie sie verkrampft auf ihrem Stuhl saß, den Meldungen lauschte, Mut zusprach. Und sie waren vorgerückt. Stryder-Garrdes Miene war stets konzentriert geblieben, ganz der Mission zugewandt - ganz in seinem eigentlichen Element. Lienas hatte mit aller Gewalt beherrscht bleiben müssen, damit ihre Intonation ihre Sorge nicht verriet. Einmal mehr ein Blick darauf, dass sie vermutlich niemals als Offizier wirklich taugen würde. 
Zu viel Emotion. Zu nahe bei den Leuten, denen sie nicht helfen konnte. Dann waren die ersten Meldungen über Verletzte hereingekommen, während auf den anderen Frequenzen der Angriff abrollte. Bomber, vorrückende Truppen an anderer Stelle, um Lord Kifdas' Befehlen zu folgen. Blut und Knochen, die dem Willen nur einer einzigen Person entsprachen.

Jiros' Verletzung war wie ein Eimer mit eiskaltem Wasser direkt über ihren Kopf ausgeschüttet, ein kalter Griff um ihr Herz. Ihr Schüler kämpfte da draussen und sie konnte nur versuchen, ein paar Combat Medics zu organisieren, die ihm beistanden und ihn wieder zusammenflickten. Dann kam die Befehlsübergabe von Blex an Limsharn, was bedeutete, dass auch dieser ausgefallen war. Wütende Gespräche mit einem sturen anderen Lieutenant, der seine Mediziner nicht hatte herausrücken wurden und schließlich von Lienas über Funk einfach nur noch angebrüllt wurde, bis er klein beigab. Und Master Sergeant Kreldo, die sie als Unterstützung in den Kampf schicken mussten, weil jeder Kämpfer gebraucht wurde. Reyt'urcye mhi.
Wieder die Doppeldeutigkeit des Mando'a, das aus der Verabschiedung auch eine Gewissheit machte. Ein kurzer, aufblitzender Moment des tiefen Verständnisses zweier Kriegerinnen, dann mussten Lienas' Gedanken zu den Display zurückkehren, aus den vielen auf ihren Kopf einströmenden Worten den bestmöglichen Sinn destillieren. 
Nachrückende Republikkräfte, welche versuchten, den Bunker zurückzuerobern und die bereits angeschlagene Gruppe unter Druck setzten. Im Geheul der Feueralarmsirenen weiteres Bellen der Blastergewehre, Flüche, Geschrei, und endlich, endlich konnten die Bomber aufräumen, war der Leitcomputer deaktiviert. Länger hatten sie vermutlich nicht durchgehalten, trotz der beiden Combat Medics, trotz Kreldo, trotz aller Entschlossenheit. Ein hart erkämpfter Sieg, mit Blut und Schweiß und Tränen. Wheest, Blex, Jiros und Limsharn hatte es am Schlimmsten erwischt, doch auch andere waren angeschlagen. Erleichterung überall, als sie die siegreichen Kämpfer zur Arch of Tears ausfliegen konnten.

Januk 2 war eine erfolgreiche Operation gewesen, doch innerhalb der Galaxis warteten weitaus schrecklichere Gefahren als Widerstandskämpfer oder republikanische Soldaten. Mehr, als sie jemals hatte wissen wollen, mehr als sie begreifen konnte. Es sieht so aus, als hätte Lord Shivas doch Recht gehabt. Die Bilder von Ziost legten diese Hypothese nahe. Ein zerstörter, verheerter Planet, einst die Blüte der Sith-Kultur. 
Inzwischen nur noch Staub und Asche, leblos und vernichtet. In der stillen Dunkelheit ihres Quartiers wirkte es gleichermaßen beängstigend wie surreal. Was können wir überhaupt noch tun? - Weiterkämpfen und durchhalten, bis wir eine Chance auf den Sieg erhalten. 
Das Gesicht von Captain Stryder-Garrde hatte noch nie so müde und mutlos gewirkt wie in diesem stillen Moment auf der Brücke der 'Arch of Tears', als er ihr das Datapad mit den neuesten Informationen von der Zerstörung Ziosts übergeben hatte. 

Hätte er nicht damit eine Nacht warten können? Sie damit verschonen, der unausweichlichen Erkenntnis, dass in der Galaxis nichts, aber auch gar nichts mehr in Ordnung war? Am liebsten hätte sie ihn angebrüllt, ihm das Datapad um die Ohren geschlagen. Wenigstens eine Nacht Freude hätte er ihr gönnen können, nur diese eine Nacht, die sie für die vergangene Woche Knochenarbeit entschädigt hätte. Aber vielleicht war die Last dieses Wissens auch zu schwer für einen alleine gewesen. Zu schwer für ihn, einfach unerträglich für jemanden, der viel mehr als sie an den Imperator und die Richtigkeit seines Tuns geglaubt hatte.
Also hatte Lienas ihren Teil geschultert und geschwiegen, den Soldaten ihre Feier gegönnt. Den Captain mit hartem Alkohol versorgt und mit der Gelegenheit, sich für ein paar Stunden abzulenken. Die Gedanken verdrängt, dass vielleicht alles sinnlos war, was sie taten, was sie plante, um ihren Bruder zu retten, und einfach weitergemacht. 
Wie sie es immer tat, wenn die Zweifel zu groß wurden und sie den Weg nicht mehr klar sehen konnte, der vor ihr lag. Besser voraneilen als verharren und sich vom Scheitern einholen zu lassen. Was Radis wohl sagen würde, wüsste er von Ziost? Würde er ansprechen, wie falsch der Weg des Imperiums mit einem solchen Anführer war?
Ihre Mundwinkel hatten vom Schmunzeln geschmerzt bei der Runde durch die Krankenstation, als der Captain und sie die Verletzten besucht hatten. Mut zugesprochen, Verdienste gelobt. Offizier gespielt, wieder einmal. Und wieder einmal war ihr diese Rolle besonders schal und leer erschienen. Noch immer wollte das Publikum nicht applaudieren. Es wusste nicht einmal, dass hier eine Rolle gespielt wurde.

Und neue Befehle - die Arch of Tears würde nach Dromund Kaas zurückkehren, das Regiment von Jaguada nach Kaas City verlegt. Kommando zurück. Selbst ihren wenigen Besitz konnte sie nicht selbst einpacken, das erledigten Droiden auf dem Stützpunkt Fort Asha. Würde sie den Planeten vermissen, das Fort, die Umgebung, die dann doch inzwischen vertraut war? Als Captain Thrace ihr eine solche Frage gestellt hatte, wusste sie darauf keine gute Antwort.
Die Rauchersäule vielleicht, aber ansonsten? Es war ein Ort unter vielen, und selbst mit Dromund Kaas verband sie nicht mehr viel. Für sie hatten immer viel mehr die Momente gezählt, die Menschen, mit denen sie diese erlebte. Neue Details für das Reservoir an guten Dingen tief in ihrem Inneren, von dem sie zehrte, wann immer sie Trost brauchte. 
Mit Jaguada verbanden sich einige dieser Momente, ganz sicher, es waren nicht wenige hinzugekommen. Überraschenderweise sogar recht viele. Fort Asha würde ihr positiv in Erinnerung bleiben, und nun würden andere Ereignisse kommen. Wenn die Zeit dazu blieb. Still blickte sie an die Decke ihres winzigen Quartiers und folgte den Nahtlinien des Durastahls. Die Antworten auf die vielen Fragen wollten sich nicht einstellen. Was war an der Welt noch richtig, wenn sich der Imperator gegen sein Imperium stellte? Gab es überhaupt noch einen Sinn in alledem? 

Wieder schob sie die Gedanken beiseite und beschäftigte sich mit den weitaus dringlicheren Problemen. Blex besuchen, Jiros besuchen, auf Dromund Kaas wieder ankommen. Ein paar Tage Urlaub vielleicht. Vielleicht sogar auf Alderaan, um nach ihrem Lehen zu sehen und die Verwandtschaft zu besuchen. Und Nar Shaddaa, um dort Waffen einzukaufen, die sie für ihren kleinen Feldzug brauchen würde - einfach so tun, als gäbe es Ziost nicht. Als könnte nicht ein überaus mächtiges Wesen einfach einen Planeten auslöschen. 
Einfach nicht dran denken, nicht an die Splitter des Sieges, die sich noch immer schmerzhaft in ihren Kopf bohrten, nicht an die Worte, die in ihrem Schädel eingebrannt waren, nicht das müde Lächeln von Captain Thrace, den die Stunden in der Operationszentrale ebenso erschöpft hatten wie sie. Sie waren nicht einmal groß dazu gekommen, während des Einsatzes miteinander zu sprechen, geschweige denn mal eine zu rauchen. 
Die Gespräche mit ihm fehlten ihr, und ebenso die Ruhe, die er stets ausstrahlte. Sie würden sich erst auf Kaas wiedersehen, wenn auch seine Einheit dort angekommen war und dann vielleicht endlich ein wenig Zeit dafür haben. Com-Nachrichten auf die Entfernung waren einfach kein Trost. Ziost. Zumindest ein Gutes hatte diese ganze Angelegenheit - beide Einheiten waren auf die Hauptwelt zurückverlegt worden. Einfach weitermachen. Bitter lächelnd drehte sich die Offizierin auf ihrem Bett auf die Seite und versuchte zu schlafen, allen kreisenden Gedanken zum Trotz.

Über Gloria H. Manderfeld

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