Slogan Nerd-Gedanken
Caenna Sol

Dust and Ashes: Prolog



"Woran ich mich am meisten erinnere? Es war so warm, fast immer sonnig. Bela Vistal liegt zweihundert Kilometer von Coronet entfernt, und es sind entscheidende zweihundert Kilometer. Sicher, es ist ein von Touristen überlaufener Ort, aber die Goldstrände haben auch viel Beachtung verdient. Schwimmen, surfen, tauchen, das habe ich als Kind unglaublich oft gemacht. Im Grunde war ich dauernd draußen, mit sonnenverbrannter Haut. Bewegung hat immer dazu gehört, und Lachen auch. 
Gerade die ersten fünf Jahre meines Lebens sind in meinem Kopf golden. Meine Mutter war bei der örtlichen Sicherheit angestellt, mein Vater hatte ein kleines Café, in dem sich die Gäste stapelten, weil sein selbstgemachtes Eis einen sehr guten Ruf hatte. Ich habe beide nicht so oft gesehen, aber ich hatte genug Freunde, um sie nicht zu sehr zu vermissen. Mein Zuhause war liebevoll, und ich hätte gerne Geschwister gehabt - hat nur nicht funktioniert.

Schule lief immer brauchbar, aber ich glaube, die totale Leuchte war ich nie. Ich war im Sport immer besser als bei Mathematik, hatte immer ein besseres Gefühl für Sprache als Sinn für Grammatik, und das war nie gut für meine Noten. Aber im Mittelfeld mitzuschwimmen fand ich nie schlimm. Es wurde schwierig, als meine Mutter ein Jobangebot von der CorSec bekam. Viel bessere Bezüge, eine schicke Uniform, eine wichtigere Marke. 
Wir zogen um nach Coronet und ab da war sie dauernd abwesend. Heute weiss ich, dass ihr der Job in der Mordkommission enorm vieles abverlangt hat, aber für ein Kind zählt vor allem, dass es die Mutter nur morgens und abends sieht, auf dem Weg zur Arbeit oder wieder zuhause, total erledigt von der Arbeit. Mein Dad versuchte es mit einem neuen Laden, aber der lief nicht gut und machte pleite.

Die Streits begannen, und sie lebten sich auseinander. Als ich die Oberschule besuchte, haben sie sich getrennt und er wurde Koch bei einem Mittelklasserestaurant. Meine Ma stieg weiter auf, sie war gut in ihrer Arbeit. Dass ich bei ihr wohnen blieb, war vermutlich nicht die beste Idee, weil sie nun noch weniger Zeit für mich hatte. Während ich anfing, mich für Jungs zu interessieren, jagte sie Serienverbrecher und organisierte ihre Abteilung neu. 
Sie erschien in den Nachrichten, bei Pressekonferenzen. Es schien so unglaublich cool zu sein, als Cop zu arbeiten, und ich wollte mich beweisen. Mein Freundeskreis bestand aus Kindern von Cops, und so war die Entscheidung irgendwann klar. Mit nach wie vor mittelprächtigen Noten bewarb ich mich mit achtzehn bei der CorSec, und ich wette, meine Ma übte einen gewissen Einfluss aus, damit sie mich nahmen."

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"Die beiden Jahre an der Akademie waren übel. So viel Stoff zu lernen, bis ich das Gefühl hatte, dass mir der Kopf platzt. Wieder war mir die Praxis näher als die Theorie, und ich war gut in allem, was mit Kampf und Waffen zu tun hatte. Danach noch mehr Vorschriften, Streife gehen, mein Viertel kennenlernen. Ma war enttäuscht, dass ich keine Inspector-Empfehlung bekam, und als purer Streifenbuller war ich ihr wohl peinlich. I
ch war froh, dass ich ausziehen konnte, als meine Ausbildung vorbei war. Dad hatte neu geheiratet, erstaunlich schnell - eine unglaublich hohle Kellnerin aus seinem Restaurant. Es war erschreckend zu sehen, wie schnell ein Mann degenerieren kann, wenn er Brüste und einen prallen Arsch sieht. Und Ma? Die hat sich ihren Job als Ersatzmann gesucht, ab und an eine Affäre.

Irgendwann hatten wir uns nicht mehr zu viel zu sagen, es funktionierte besser, wenn wir gemeinsam ins Holokino gingen anstelle zu reden. Vermutlich waren es die Vorschriften, die mir über kurz oder lang die Sache bei der CorSec versaut haben. Auf der Straße war ich gut, mein Instinkt hat mir oft geholfen, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Aber zig Formulare ausfüllen, alles immer genau so zu machen, wie es irgendwann mal bestimmt worden war - und mein Hitzkopf. Ich bin wohl ein übles Klischee, was Corellianer angeht. 
Wer Vorgesetzten sagt, für wie armselig man sie hält, macht sich nicht viele Freunde. Mir rutscht zuviel heraus, was ich dann genau so sage, wie ich es meine. Mit den Kollegen war das kein Problem, aber es hat mir gezeigt, dass ich dort nicht wirklich hingehöre. Der Ehemann einer Kollegin, der beim Militär war, riet mir schließlich, es mal dort zu versuchen. Ich informierte mich, führte Gespräche. Und schließlich quittierte ich den Dienst bei der CorSec und schrieb mich bei der Republik ein."

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"Neue Vorschriften, neue Regeln. Aber als Soldat hat man es leichter. Wenn Du Deine Waffen beherrscht, wenn Du im Team arbeiten kannst und Dein Instinkt Dir sagt, wann man besser den Kopf in der Deckung behält, dann überlebst Du. Andere halten sich an die Empfehlungen, die man gibt, und auch sie überleben. Klar war die Grundausbildung ein Dummfick sondergleichen, und ich habe eigentlich kaum eine echte Erinnerung daran, ausser dass ich Dreck fressen musste und so gut wie nie geschlafen habe. 
Aber einen kaputten Schlafrhytmus hatte ich auch schon im Streifendienst, und Dreck gefressen hat man in den schmutzigeren Bezirken von Coronet auch als Cop. Es war nur anderer Dreck. Sie haben bald gemerkt, dass ich im Erahnen ein Talent besitze, ein Gefühl für das Schlachtfeld, für Versteckte, für Deckung. Man bot mir an, meine Ausbildung zu erweitern und ich habe schnell eingewilligt.

Dann bekam ich endlich richtiges Spielzeug in die Hand - Leute mit dem Instinkt für die Arbeit als Gruppenscharfschütze sind selten, und viele Strike Teams brauchen einen, der vorher aufräumt, bevor die restlichen Teammitglieder zu Werke gehen können. In meiner Ausbildungsgruppe waren ausser mir nur Kerle - kräftige Kerle. Es war der Lacher des Tages, wenn wir irgendwo aufgetaucht sind, um zu feiern, weil mir niemand glauben wollte, dass ich genau wie die anderen mit einem 10-kg-Gewehr durch die Gegend ziehe und es niemand für mich tragen muss. Zwei von ihnen kenne ich heute noch, die anderen sind tot. Gefallen. 
Wie so viele andere. Aber diese Zeit vergesse ich nicht, das Training, die Zusatzausbildung, die neuen Inhalte, die mir weitaus mehr entgegen kamen als alles andere, das irgendwie mit Flimsikram zu tun hatte. Taktik, Kampfszenarien, alles, was man als Spezialsoldat so braucht. Und am Ende war ich Kommandosoldat, Teil einer Einheit. Einer Einheit, bei der ich wusste, dass ich endlich dort angekommen war, wo ich hingehörte."

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"Tja, und ab jetzt wird die Sache langweilig. Über Spezialeinsätze gibt es Geheimhaltungsvorschriften - noch mehr Vorschriften! - und ich darf nicht darüber sprechen, was sich zwischen meinem dreiundzwanzigsten und dem einunddreissigsten Lebensjahr bei mir ereignete. Ich kann nur dazu sagen, dass es eine gute Zeit war, herausfordernd, abwechslungsreich und für mich in jedem weiteren Jahr eine Bestätigung dessen, dass ich mich richtig entschieden hatte, als ich zum Militär ging. Meine Eltern besuchte ich bei Landgängen, aber es war nichts, was mir besonders im Einsatz gefehlt hätte. Ich mochte sie noch immer beide, aber unsere Leben hatten sich auseinanderentwickelt. 
So bekam ich eine Halbschwester, Millie, ein unglaublich süßes Baby, aber genauso hohl wie seine Mutter, die mir eifrig Bilder schickte, wann immer sie neue hatte. Ich schickte dafür Geschenke von allen Orten, an denen wir stationiert wurden, aber wirklich als Teil der Familie fühlte ich mich nicht mehr. Ma war inzwischen Abteilungsleiterin der Mordkommission von ganz Coronet geworden und widmete sich ganz ihrem Job. Genau wie ich.

Dad versuchte mir immer wieder einzureden, ich sollte mir was längerfristiges suchen anstelle irgendwelcher kurzlebiger Affären, aber als Kommando hat man für sowas keine Zeit. Mein Leben fand in der Einheit statt und dort war ich zuhause. Alles Corellianer, amüsanterweise, nach und nach durch militärischen Zufall zusammengeführt. Wir nannten uns irgendwann aus Jux 'Corellias Fist', als wir uns durch eine Soldatenbar mit ein paar Navyleuten geprügelt hatten, und der Name blieb. Wir waren besonders. Jeder von uns liebte die Heimat, wir teilten Erinnerungen an das früher. Die meisten hatten Urlaub an den Goldstränden gemacht, oder waren irgendwann mal in Coronet auf Sauftour gewesen. Einen von ihnen hatte ich als Cop mal wegen Trunkenheit aus einer Bar geschmissen, wir haben oft darüber gelacht, wie klein die Galaxis doch ist.

Und da gab es noch ihn. Verheiratet, Vater von zwei Söhnen, mit einer liebevollen Frau. Sie hat ihn immer erwartet, wenn wir Landgang auf Triple-Zero hatten. Umsichtiger Offizier, der beste Freund, den man sich hätte wünschen können. Und der Mann, den ich gerne gehabt hätte, wäre das Leben irgendwie anders verlaufen. Wir haben nie darüber gesprochen, aber ich bin mir sicher, er wusste es. Es war in der Art, wie er mich manchmal angesehen hat. 
Wie er mir ein paar Stunden Ruhe verschaffte, wenn mein Kopf wieder zu heiss gelaufen war. Wie er lächelte, wenn wir trainierten. Ein Gefühl des Nach-Hause-Kommens, wenn ich ihn in der Messe sitzen sah, über irgendeinen Bericht gebeugt. Ich war ein Teil dieses Ganzen, und alles war richtig, wie es war. Am Ende hatte ich es bis zum Sergeant geschafft, und selbst der Flimsikram war irgendwie erträglicher, wenn man sich am richtigen Ort fühlt."

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"Als das Imperium über Corellia herfiel und unsere eigene Regierung den Planeten verriet, war das für uns alle schrecklich. Ich kann es auch heute kaum glauben, dass das wirklich passiert ist. Coronet wurde veheert, und als wir die ersten Bilder im Holonet sahen, zerstörte Gebäude, ganze Bezirke zu Schutt geschossen, an dem nichts schönes mehr war, hatte ich das Gefühl, dass irgendwer mein Herz herausreißt und zwischen seinen Händen zerquetscht. Und wir konnten nichts tun, weil wir anderswo im Einsatz waren und man uns an anderen Orten brauchte. 
Niemand wollte zornige Corellianer nach Corellia schicken, vermutlich hatten sie Angst, dass wir in unserem Furor nur noch verbrannte Erde hinterlassen würden, aber das hatte das Imperium schon erledigt. Einen meiner ehemaligen Bezirke traf es hart, auch heute ist so gut wie nichts mehr von dem dort übrig, woran ich mich aus meiner Streifenzeit erinnere. Und dann kamen die Nachrichten aus der Heimat. 

Schlichte Briefe der Registratur, als man mich davon in Kenntnis setzte, dass ein Bombenangriff meinen Vater, seine neue Frau und Millie getötet hatte. Dann eine kurze Mitteilung eines ehemaligen Kollegen meiner Mutter, der mir berichtete, sie sei wie viele CorSec-Leute in den Widerstand gegangen, um gegen das Imperium zu kämpfen, und wäre in einem Scharmützel mit einer vorrückenden Infanterieeinheit gestorben. 
Mit einem Mal war ich Waise, mit achtundzwanzig, und meine Heimat ging in Flammen auf. Wir banden schwarze Riemen um den rechten Oberarm der Rüstung, um unsere Trauer zu zeigen, und es gab nur einen in der Truppe, der kein solches Zeichen brauchte. Und zogen wieder in den Kampf, dorthin, wohin man uns schickte. Aber etwas in mir war zu Asche zerstoben, und ich konnte nie so recht die Hand darum legen, um es genau zu bestimmen."

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"Ein einziger Fehler, der so weitreichende Konsequenzen hatte. Nur ein Fehler, eine falsche Entscheidung. Wir waren auf einem schmutzigen Industrieplaneten im Outer Rim, um dort eine andere Einheit zu unterstützen, die dort gegen Imperiumskräfte vorging. Schwieriges Gelände, kaum übersichtlich, und die Anspannung war groß. Als Entsatzer eingesetzt zu werden war nie meine große Vorliebe, aber man kann es sich nicht aussuchen. Dieses Mal wurden wir alle gebraucht, und wie üblich verließen wir uns auf die Informationen, die man uns gab. Hätten wir geahnt, dass es schon beim entscheidenden Plan einen Fehler gegeben hatte, wären wir vielleicht noch davon gekommen. Aber wir hatten nie eine Chance gehabt.
Als wir in den verfallenden Komplex vorrückten, um die andere Truppe zu entlasten, trafen wir auf viel massivere Gegenwehr als erwartet, aber auch das wäre nicht das Problem gewesen - mit schwierigen Situationen hatten wir schließlich Erfahrung. Nicht aber mit dermaßen vielen nachrückenden Imperialen, dass wir von allen Seiten eingekeilt waren. Mal ein paar Stunden unter Beschuss ist nichts, worüber ich mich beschwere. 

Wir saßen elf Tage fest, und einer nach dem anderen starb. Zu viele Feinde, zu schlechte Deckung, keine meduizinische Versorgung, denn unseren Sanitäter hatte es zuerst erwischt. Mit Rationen, die nur für drei Tage reichten, war es ab dem achten Tag einfach nur noch grauenvoll. Und die Leichen mit ihren anklagenden Blicken, die stolzen Zeichen unserer Einheit zerstört. Stöhnen, Röcheln, der Tod. Noch nie habe ich ihn deutlicher gefühlt und geschmeckt als in diesen elf Tagen.

Der schlimmste Moment für mich war wohl, als er am zehnten Tag starb, versuchend, einen verletzten Kameraden in Deckung zu bringen, der uns einen Fluchtweg hatte beschaffen wollen. Bis dahin hatte ich noch gehofft, dass es irgendwie eine Lösung geben würde, danach war auch ich gestorben. Ich holte mir meine Verletzungen am fünften, siebten und elften Tag. Und ich gebe zu, am elften Tag wollte ich nur noch tot sein. 
Um mich herum tote Körper, kein Wort mehr, kein Lachen. Nur Stille und die geballte Faust des Feindes, die dort irgendwo wartete, um zuzuschlagen. Dann lieber ein Tod zu meinen Bedingungen, solange ich noch stark genug war, die Waffe zu heben und zu schießen. Warum ich überlebt habe, weiss ich bis heute nicht. Warum dann doch noch eine weitere unserer Truppen kam, um uns zu helfen, einen Tag zu spät für alles. Das Universum hat manchmal einen dermaßen kranken Humor, dass ich nur noch kotzen könnte."

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"Tja, keine Ahnung. Wäre dieser verdammte Lieutenant nicht gewesen, würde ich immernoch im Militärknast sitzen und mich mit Mitgefangenen prügeln, wenn sie die Fresse zu weit aufreißen oder glauben, sie könnten mir auf die Füße treten. Drei Jahre haben sie mir gegeben, dafür, dass ich dem Arschloch von General gegeben habe, was es verdient hatte. Dieses Lachen verfolgt mich. Ein Hochziehen der Mundwinkel, wie sich seine Lippen wölbten, als er mich ungläubig angeschaut hat, um dann die Augen weit aufzureißen. War ein sauberer Treffer, ich hab's knacken gehört. Schöner Nasenbruch mit blutiger Suppe inclusive.
Der Moment, in dem meine Faust ihm direkt ins Gesicht gerammt ist, war so unendlich befriedigend - und doch überhaupt nicht. Er bringt mir meine Corellianer nicht zurück. Auch nicht, was wir miteinander hatten. 

Ja, sie haben mich inzwischen begnadigt. Das Werkzeug hat noch Sinn für sie, wäre doch schade darum, die in meine Ausbildung investierten Credits zu verschwenden. Neue Einheit, neues Glück? Keine Ahnung. So, wie es einmal war, wird es nicht mehr werden, ich muss von vorn anfangen. Einunddreissig und Private. Wieder im Mannschaftsquartier. Nun, ich könnte tot sein, das wäre die Alternative. Oder weggesperrt und danach unehrenhaft entlassen. Verpflichtet für fünf weitere Jahre, bei denen ich nicht weiss, ob ich mich darauf freuen soll. Ob der Krieg je endet? Ich glaube nicht. Also wird es nicht bei diesen fünf Jahren bleiben."

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Randbemerkung der psychologischen Abteilung:
Private Caenna Sol, nach ihrer Vergangenheit und den Dingen, die ihre Entwicklung geprägt haben, befragt. Den Beobachtungen von Mimik und Gestik während des Berichtes nach sind die gesprochenen Worte authentisch zu werten und entsprechen der Wahrheit.

Über Gloria H. Manderfeld

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