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Dust and Ashes

Dust and Ashes: Aller Anfang


Zeitstempel: Tag Zwei nach der Ankunft beim 53rd Elite Corps
Ort: Messe

Ich kann das nicht. Noch nicht.
Sie haben mir zwar gesagt, ich sei teamfähig und wieder bereit, in den Einsatz zu gehen, weil diese Sache auf Dependance 2 so gut lief. Aber ich fühle mich nicht bereit. Gar nicht. Der Kampf ist nicht das Problem. Taktik ist abstrakt, und wenn man nicht in die Gesichter der Gegner blickt, verschwimmen sie irgendwann. Dann zählen andere Überlegungen. Wohin könnte er sich bewegen? Welche Waffen hat er dabei? Was sagt mir die Ausrüstung eines toten Gegners über seine Spezialisierung?
Nein. Im Kampf funktioniere ich, und das wollten sie wohl genau so haben. Ich habe es nicht verlernt, das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt ist noch da. Es kommt zurück zu mir wie ein alter Freund, mit dem man nicht viel sprechen muss, um sich wieder auf einer vertrauten Ebene miteinander zu fühlen. Nach diesem letzten, beschissenen Einsatz, der Verletzung, der Reha und dem Knast dachte ich schon, ich wäre vollkommen blank und nackt, aber dieses Gefühl ist geblieben. Hätte ja lachen wollen, als sich Specialist Fox nach den Ereignissen auf Dependance 2 erkundigte und Brawler - falsch, jetzt Captain Dämmerläufer - die Sache abwiegelte.
Als wäre es ein Spaziergang gewesen. War es aber nicht. Nichts davon. Aber wir haben es geschafft, dieses bunt zusammengewürfelte Team an Kommandos und Spezialisten hat das Schlimmste verhindert. Und deswegen bin ich nun bei dieser Einheit gelandet, eine neue Chance. Aber es fühlt sich nicht so an. Nichts fühlt sich hier richtig an.

Das Vierbettzimmer, das ich mir mit Fox, Corporal Sharon und der offensichtlich sehr süßigkeitenvernarrten 'Blue' teilen darf, ist da schon so ein Teil davon. Sie sind alle so verdammt laut beim Schlafen, und Sharon schnarcht. Nicht die Art von Schnarchen, bei der man irgendwann einschläft, weil es ruhig und regelmäßig ist, nein, ab und an mischt sie in ihre Geräuschkulisse so ein Schnalzen, das mich immer wieder vor dem Wegdämmern bewahrt.
Meine frühere Zimmergenossin war leise. Wir waren aneinander gewöhnt, und wir haben uns nicht gestört. Vor allem sind wir beim ersten Wecker-Piepsen aufgestanden. Sharon ist da ein ganz anderes Kaliber. Ich seh mir das jetzt ein paar Tage an und wenn das dauernd so sein sollte, wird sich daran was ändern.

Und dann die Messe. Er sitzt dort nicht, und er wird nie wieder lächeln, wenn ich eintrete. Der Raum ist leer, auch wenn Leute darin sind, auch wenn sie miteinander scherzen und sich trotz der offensichtlichen kleinen Reibungspunkte zwischen Kommandos und Piloten anscheinend alle mögen. Erdmännchen. Auch mal eine nette Bezeichnung, aber immernoch besser als Schlammfresser. Ich habe mich dafür mit Luftnummern revanchiert - wer in den Wald hineinbrüllt, muss sich nicht über das Echo wundern.
Aber die Witze sind das Problem. Sie sind eine Einheit, und diejenigen, deren Witze ich erwartet hätte, werden sie nie wieder machen. Habe mich selten so falsch an einem Ort gefühlt wie an diesem ersten Abend. Ich weiss, sie können nichts dafür. Sie haben sich redlich bemüht und waren nett. Aber ich kanns nicht. Grinsen, Witze reissen, so tun als wäre alles in Ordnung. Als wären diese verdammten letzten Monate nie passiert.

Auch wenn der Captain gesagt hat, er könnte verstehen, warum ich das getan hätte, und dass er wohl nicht anders gehandelt hätte - es ändert nichts am Geschehenen. Daran, dass ich grinsen und einfach weiter machen muss. Genug Stacheln ausfahren. Am liebsten wär' ich umgedreht, in die Raptor zurückgestiefelt, und weggeflogen. Nach Senior Airman Menahs Kommentar war da noch eine andere Option auf dem Screen, aber inzwischen hab' ich mich besser im Griff. Vor allem, weil er nichts wissen kann.
Noch mehr Löcher graben. Dann doch lieber ein Sandsack anstelle einem Zabrak-Gesicht. Sofort waren die Bilder wieder da. Der Geschmack von Pisse auf meinen Lippen, weil wir irgendwann nichts anderes mehr zu trinken hatten. Wer weiss, was die anderen alles erlebt haben. Wieviel Mist sie gesehen haben, was sie sonst so alles fertig macht. Aber im Moment habe ich nicht die Kraft zu fragen. Ich hab' genug Kraytdrachen im eigenen Gepäck.

Wenigstens taugt der Trainingsraum etwas, und man kann jederzeit bei der Freiwache hinein. Und sie lassen mich beim Training in Ruhe. Ja, ich weiss, sie werden mich kennenlernen wollen. Das Frischfleisch beschnuppern. Würde ich auch tun, wäre es jemand in meiner Einheit. Aber es ist so falsch. Die Zeichen sind falsch, die Einheitsnummer ist falsch, alles ist hier falsch. Ich würde ja gerne schreiben, dass ich nach Hause will, aber auch das gibt es nicht mehr. Irgendwer sagte mal, dass man, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, immerhin noch nach vorn angreifen kann. Was für ein scheiss Vergleich - ich glaube, das ist der größte Mist, den ich jemals gehört habe.

Über Gloria H. Manderfeld

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