Slogan Nerd-Gedanken
Aloncor Torn

The Good, the Bad and the Jedi: Hätte, könnte, wollte


Die nackten Schultern des Jedi glänzten vom Morgentau, als die Sonne langsam über den Gebirgszügen von Tython aufging und das Tal mit dem Jedi-Tempel in strahlende Helligkeit tauchte. Es versprach ein schöner Tag zu werden, klar mit einem wolkenlosen Himmel und doch mit dem Vorgeschmack eines kommenden Winters in der Kühle des über die Ebene streichenden Windes. Aloncor Torn hatte sich einen Platz ausgesucht, auf dem es noch eine Weile dauern würde, bis ihn die Wärme der Sonne berühren konnte. Schweigend verharrte der Anfangsdreissiger in der klassischen Meditationshaltung, einzig mit der Hose seiner sonstigen Jedikluft angetan.
Stiefel und Tunika wusste er noch auf seinem schlichten Zimmer liegen, wo er sie nach dem Erwachen zurückgelassen hatte. Eigentlich hätte er frieren müssen, aber er bemerkte die Kälte nicht, die den letzten Atem der vergangenen Nacht mit sich führte. Und er war abgelenkt von allen irdischen Bedingungen, mal grübelnd, mal dem Gesehenen nachforschend. Ein bisschen Hader mit sich selbst war ebenfalls mit dabei, auch wenn er wusste, dass dies nichts am Geschehenen ändern konnte. Hätte er doch nur ein wenig mehr Ruhe bewiesen, wie er es so oft tat.

War es eine selbsterfüllende Prophezeihung, dass er ausgerechnet in der Nacht nach einem Gespräch über eine Diskussionsrunde zum Thema Visionen eine neue hatte haben müssen? Eine Vision, deren innewohnender Schrecken ihn wie einen kopflosen Idioten hatte aus dem Tempel stürzen lassen. Wenigstens hatte ihn nur eine Person dabei gesehen, und auf diese hatte er sicherlich genug verwirrenden Eindruck gemacht. Aber in diesem Zustand zwischen Vision und Wirklichkeit hatte er sich sicher sein müssen, irgendwo einen Anker finden, der ihn an der Realität hielt und ihm erlaubte, Abstand zu den Bildern einzunehmen.
Das war die Crux bei Visionen. Manche waren von milder Qualität, zeigten nur farbige Bilder, einen Hinweis auf etwas, das geschehen sollte - jene Vision, welche ihn über viele Jahre lang begleitet und schließlich zur Auffindung eines alten Holocrons geführt hatte, war von jener Art gewesen. Wie ein alter Freund, der sich immer mal wieder mit einer Wortmeldung oder einer Randbemerkung in Erinnerung brachte, doch ansonsten kaum Belastung. Andere Visionen hingegen pflügten mit Urgewalt durch sein Sein, erschütterten die Festung, welche Aloncor um sein Inneres errichtet hatte und gaben sich beste Mühe, alle Schranken niederzureißen, die er ihnen entgegen stellte. Stetige Beherrschung und Distanz zu anderen, um ihren tiefen Empfindungen nicht ungewollt zu nahe zu kommen, hatte ihren Preis. Alles hatte immer irgendeinen Preis.

Der Jedi blinzelte, als die Berge gegenüber in grelles Licht getaucht wurden. Die Helligkeit war nach der wohltuenden Nacht ein sehr heftiger Kontrast. Für einige lange Minuten fiel es ihm schwer, die Konturen des Bergkammes genau zu erkennen, sodass er sich lieber auf die vertrauteren Konturen des Tempels konzentrierte. Noch immer fühlte er sich aufgewühlt, bis ins Mark erschüttert. Aber die Bilder, die sich ihm so unerwartet offenbart hatten, berührten ihn auch emotional und vermutlich genau deswegen so unausweichlich. Leblose Körper, die über ihren Konsolen auf der Brücke eines unbekannten Schiffs lagen, im Hintergrund das grelle Piepen irgendeines Alarms, das einfach nicht verstummen wollte. Er stelbst Teil dieser Szenerie, taumelnd, kraftlos, vom Ruckeln und Krachen des Raumschiffs hin und her geworfen, bis er schließlich zu Boden ging.
... verloren... feuere verbliebene ...
Hektische Finger, die über das Bedienfeld einer Konsole huschten, das Rucken abgefeuerter Waffen, abgebrochene Wortfetzen, die gegen sein Bewusstsein knallen, aber nur wenig verständlich sind. Padawan Aquae, die zwei andere anwies, seinen Körper hochzunehmen und zu einem Shuttle zu bringen.
Alle Mann von Bord, Hauptreaktor überlädt. Verschwinden Sie!

Krachen, der Gestank nach brennenden Stoffen, es wurde schwer, die Augen irgendwie offen zu halten, um dem dumpfen Dröhnen seines Schädels zu entkommen. Ich schlage einen Kollisionskurs ein ... Er versuchte, Einspruch zu erheben, aber sein Körper gehorchte ihm nicht, die Arme bleischwer, in den Lungen nicht genug Luft, um mehr zu produzieren als ein haltloses Keuchen. Andere schleppten ihn an Bord eines Shuttles, ließen die Padawan alleine zurück. Eine sich schließende Tür, kein Abschiedswort, nicht einmal mehr genug Luft für einen Gedanken. Das Shuttle entfernte sich, dann wurden die Fenster von der Explosion grell erleuchtet, in der zwei Schiffe zerfetzt wurden. 
Rotes Leuchten, das sich bis ins Mark in Aloncors Hirn einbrennt, und irgendwo ein Shuttle, inmitten dieses Tosens - und Schwärze, das überwältigende Gefühl eines nahenden Verlusts. Auch nach einer Nacht voller Meditation, in der er versucht hatte, die Bilder genauer aufzudröseln, hatte er nicht erkennen können, an Bord welches Schiffs er sich befunden hatte, gegen welchen Feind gekämpft worden war - und ob dieses einsame Shuttle am Ende eine Chance hatte, dem Feuersturm zu entkommen, welcher zwei Schiffe verschluckt hatte.

Vermutlich war es wieder ein Kampf gegen die Schwarze Flotte, das erklärte Padawan Aquaes Präsenz auf der Schiffsbrücke, auch das Abfeuern von Waffen. Aber selbst wenn nicht - die Möglichkeiten waren endlos. Facetten einer möglichen Zukunft, in der er wieder einmal hilflos gewesen war, erschöpft von irgend etwas, das er vermutlich zuvor getan hatte. Zumindest, so dachte er mit einem Anflug grimmigen Humors, hatte die Vision keine Sith enthalten, welche ihm mit dem Lichtschwert seine Achillesfersensehnen durchtrennte, in sofern würde sich zumindest bereits Geschehenes vermutlich nicht wiederholen. Die Zeit auf der Krankenstation musste er auch nicht noch einmal erleben, so sehr er auch Ritterin Deikans nachdrückliche Fürsorge zu schätzen gelernt hatte.
Als sich seine Augen langsam an den herannahenden Tag gewöhnt hatten, fröstelte er. Auf Tython würde alles seinen Gang gehen, vorandriften wie stets, ein Tag wartete, der für die Jünglinge, Padawane und Ritter gut durchstrukturiert war. Der Lehren und Lernen enthielt, wie er dies schon vor vielen Jahrhunderten an anderen Orten getan hatte. Doch heute konnte ihn dieser Gedanke einer stillen Regelmäßigkeit nicht trösten. Könnte er doch nur das eine tun, wovor er seit Wochen zurückwich, sich hinter einem höflichen Lächeln verbarg.

Das Gespräch mit Meisterin Eryada vor einiger Zeit hatte ihm keine Hilfe offenbart, und er wusste auch, dass sie das nicht hätte bieten können - emotionale Dinge musste ein Ritter mit sich selbst ausfechten können, ohne dass ein Meister eine Richtung vorgab. Sie hatte versucht, ihm seine Optionen klarer darzulegen, die Entscheidung treffen musste er selbst. Bisher war er dieser ausgewichen, hatte es durch Distanz und Zurückhaltung versucht. Nach dieser Vision jedoch wusste der Jedi, dass es nicht so leicht sein würde, wie er es sich erhofft hatte. Aber was war schon leicht, wenn es Dinge betraf, die für einen Jedi stets eine Prüfung sein würden?
Ein Ritter musste mehr können als den einfachen Weg zu beschreiten. Ein Ritter musste sich besser beherrschen können, selbst wenn es schwer fiel. Langsam strich er mit seiner Hand durch die Haare und glättete die kurzen Strähnen. Wenn Andenus von seiner Mission zurückgekehrt war, würde er mit seinem Freund sprechen müssen, vielleicht würde dieser eine Hilfe offenbaren, die niemand sonst bieten konnte. Wollte er diese Entscheidung wirklich treffen?

Es würde sich leer anfühlen ohne diesen einen Gedanken, den er ab und an hervorholte und im Stillen betrachtete.
Doch selbst das war schon ein Schritt in die falsche Richtung, wenn man etwas nicht loslassen wollte. Tief atmete der Jedi die kühle Luft ein und rappelte sich schließlich auf, um mit einem geschmeidigen Sprung und durch die Macht verstärkt den Weg den Berg hinab zu finden. Als er in den Tempel zurückkehrte, wirkte seine Miene ruhig, ganz gleich, wieviele etwas verwirrte Blicke ihm ob seiner fehlenden Bekleidung folgten. 
Aber er galt ohnehin als etwas exzentrisch, was seine Spaziergänge in der freien Natur betraf, und das Waten mit nackten Beinen durch den Fluss ebenso. Was waren schon ein paar Tuscheleien mehr gegen die Bilder eines verzweifelten, vermutlich erfolglosen Kampfes gegen einen Feind, den er nicht benennen konnte? Vielleicht wusste Meisterin Eryada mehr - neue Erkenntnisse über die Schwarze Flotte, oder irgend etwas anderes, das einen Aufschluss erlaubte. An diesem Tag würde Aloncor Torn jedenfalls nicht irgendwelche Schriften studieren ...

Über Gloria H. Manderfeld

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